Ich brauche Deine Hilfe!

24 Februar 2010 Text: Matthias Häger
Foto: futureshape / flickr.com

Hilfe,
ich bin es, Dein Eishockeyverein. Obwohl, Verein bin ich schon lange nicht mehr, mit Gemeinschaft und Fair-Play habe ich nichts mehr zu tun.

Also nochmal von vorne: Hilfe, ich bin es, Deine Eishockey-Kapitalgesellschaft. Ich brauche Deine Hilfe. Du fragst Dich jetzt wo ich herkomme? Spielt das eine Rolle? Nein, ob Köln, Leipzig, Essen, Duisburg, Regensburg, Landsberg, Berlin oder Bad Tölz – mich und meine Leidensgenossen gibt und gab es überall.

Du musst sehen, ich kann doch nicht wirklich was dafür, ich, die arme GmbH, die den Tiernamen tragen muss. Es waren doch die Zwänge des Marktes, die mich schwarze Kassen anlegen ließen. Was ist schon dabei, wenn man das Finanzamt und die Berufsgenossenschaft bescheißt? Das machen doch alle und wenn ich einem Spieler unter der Hand einen Umschlag zugesteckt habe, dann nur, damit ich Deinen Held weiter in meinem Team halten konnte. Auch wenn ich das Geld nicht hatte, Du als Fan wolltest das doch sehen.

Mach mir keine Vorwürfe, ich konnte doch nicht wissen, dass Zuschauer- und Sponsoreinnahmen auch sinken könnnen. Das hat mir keiner vorher gesagt und ich bin genauso überrascht wie Du, wenn ich einmal im Monat auf dem Kontoauszug ein dickes Minus vorfinde. Mit so etwas kann man doch nicht rechnen, sowas kann man nicht kalkulieren. Du glaubst doch auch an das Gute im Menschen? Ich tue es auch. Also habe ich den Top-Spieler aus Amerika schonmal verpflichtet, weil die drei neuen Sponsoren doch fest zugesagt hatten, dass Sie vielleicht eventuell demnächst dann mal mit einer noch zu beziffernden Summe bei mir einsteigen. Konnte ich wissen, dass sie es nicht tun? Konnte ich wissen, dass sie so wenig zahlen? Konnte ich wissen, dass das nicht für den schon gekauften Spieler reicht?

Du musst mir verzeihen, ich habe wirklich gedacht, wir hätten die billigste Mannschaft der Liga. Brutto und Netto sind doch nur Floskeln, das kann man doch auch mal verwechseln. Machst Du keine Fehler? Und aus der Schule wußte ich noch, dass Minus mal Minus Plus ergibt. Minus Sponsoreneinnahmen und Minus Zuschauerschnitt, ich dachte wirklich da kommen wir positiv raus, wenn wir nur ein paar teure Spieler verpflichten. Dann spielen wir besser, dann kommen mehr Zuschauer, dann kommen mehr Sponsoren und dann gibt es mehr Einnahmen. Die Rechnung ist doch so einfach, logisch und nachvollziehbar. Findest Du nicht?

Ich brauche Dich jetzt, schließlich habe ich es das alles für Dich getan. Habe Deine einhemischen Spieler gegen Ausländer ausgetauscht, damit Du den Duft der großen weiten Eishockeywelt in Deinem gepolsterten Sessel genießen konntest. Habe Dir Popcorn statt Bratwurst und Bier angeboten, um Deinen Gaumen zu verwöhnen. Ich habe Wunderkerzen verbannt, damit Du Dich nicht mehr verbrennen kannst und habe Deine Stimme geschont, in dem ich in jeder Spielunterbrechung Musik eingespielt habe. Jetzt musst Du etwas zurückgeben! Jetzt gib mir Dein Geld!


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6 Kommentare »

  • proxy said:

    Guter Artikel! Wäre echt zum Lachen, wenns nicht so traurig wahr wäre…

  • Blauer Schlumpf said:

    Saugeil! Hut ab!

  • Ernst said:

    Saustarker Beitrag!
    Mein Kompliment, Matthias!

  • martini said:

    Sehr schön geschrieben… und leider auch sehr viel Wahres dabei!

  • niki said:

    hm… platte aussagen… *gähn*

  • patti100gs said:

    Ein trauriges Stück der bitteren Wahrheit;- und zudem nett verpackt.
    Respekt an den Autor.

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