Die Ära Arno Del Curto
Oder welche betagten Zeitgenossen wissen noch wer sein Vorgänger war? – Sie stehen hinter der Bande und tragen feinen Zwirn, geben meist knappe Anweisungen an die Spieler, sind oft in Ehren ergraut oder durch einen breiten Scheitel gezeichnet. Die Rede ist von den Trainern der DEL wie auch denen aus der Schweizer Nationalliga A. Seriösität wollen sie damit verkörpern. Ein ganz anderer Typus Trainer steht hinter der Bande des HC Davos. Jeans, Hemd und Pullover kleiden seinen schlanken Körperbau, kaum erkennbare Grautöne sind in seiner fülligen Mähne zu erkennen. So sieht man ihn engagiert hinter der Spielerbank auf- und abwuseln. In Extremsituationen tobt er schon mal gewaltig mit den Schiedsrichtern, bedenklich läßt er dann die Bandentüre in ihre Angeln knallen. Oder er nimmt nach wenigen Minuten eine Auszeit, um wild gestikulierend auf seine Mannschaft einzuschreien und sie an den vorgegebenen Game-winning-Plan zu erinnern. Alles aber dient nur der Sache Erfolg und es ist schwer auszumachen, wie viel an dieser Außendarstellung namens emotionaler Intelligenz nun Emotion und wie viel Intelligenz ist. Trotz seiner 53 Jahre und des intensiven Jobs strahlt Arno Del Curto eine Jungenhaftigkeit aus, die sonst so reich mit Titeln dekorierte Trainer selten verkörpern. Seit mittlerweile fast 14 Jahren tut dieser Trainer dies, der in der Szene selbst bei den härtesten Konkurrenten, wenn auch widerwillig, allerhöchsten Respekt genießt. In den zurückliegenden 13 Jahren führte der Ozzy Osborne- und Marilyn Manson-Fan den HCD zu vier Meistertiteln und drei weitere Male in das Playoff-Finale. Durchschnittlich also in etwa jedem zweiten Jahr war er Hauptbestandteil des Saison-Showdowns.
Karriereende schon mit 21
Dabei sah es lange Jahre nicht nach einer großen Eishockeykarriere des Arno Del Curto aus. Seine aktive Laufbahn endete bereits im Alter von 21 Jahren nach einer schweren Verletzung erzwungenermaßen. Das zweite Leben als Trainer begann er bei verschiedenen unterklassigen Vereinen. Erst ein Engagement Anfang der 90er Jahre beim lange als Fahrstuhlmannschaft geltenden ZSC verschaffte ihm erste Reputationen. Nach dem Amt des U20-Nationaltrainers kehrte der aus Sankt Moritz stammende Del Curto schließlich ins heimische Graubünden zurück und ließ sich im mondänen Davos nieder. Bereits ein Jahr vor ihm waren die von Arx-Brüder Reto und Jan aus dem emmentalerischen Langnau nach Davos gekommen und sollten fortan treue Wegbegleiter des Trainers werden. Bis zu seinem wegen einer Verletzung erzwungenen Karriereende im letzten Jahr gehörte auch Marc Gianola zu diesem Kreis.
Abnutzungserscheinungen zwischen Trainer und Team waren über die gesamte Zeit nie erkennbar. Arno Del Curto führt dies zum einen auf die natürliche Fluktuation im Kader zurück, andererseits aber auch auf seine persönliche Freundschaft zu den Spielern. Er fordert und erwartet von den Spielern bedingungslose Gefolgschaft und trennt sich schon mal von Spielern, die ihm dieses Gefühl nicht geben. Andererseits hält er den Getreuen selbst dann die Stange, wenn sie sich zu Verfehlungen hinreißen lassen. So geschehen bei mehreren Delikten bezüglich Drogengenuß.
Wie sehr er dem HCD verbunden ist, zeigte er unlängst, als er das Angebot, die Nationalmannschaft zu übernehmen, ablehnte. Zwar hätte ihn diese Aufgabe als Nachfolger von Ralph Krüger enorm gereizt, doch er wollte dies nur in der Doppelfunktion als Klub- und Nationaltrainer tun. Da dies nicht dem Wunsch der anderen Nationalliga A-Vereine entsprach und diese auch nicht zu einem vorübergehenden Kompromiß bereit waren, verzichtete er lieber. Die Sache HCD wollte er nicht im Stich lassen und zudem benötigt er nach eigener Aussage noch die tägliche Arbeit mit den Spielern. Man darf gespannt sein, wie lange er diesen Weg mit dem HCD noch mitgeht. Der HCD ohne Arno Del Curto ist nur schwer vorstellbar. Eines aber ist schon jetzt sicher: Sein Nachfolger wird in die Fußstapfen eines Goliaths treten.
Der Waltin wars
Achja, die Antwort auf die Frage aus der Headline ist noch offen. Vorgänger von Arno Del Curto war der Schwede Mats Waltin, der Anfang 1996 trotz noch bis 1997 laufenden Vertrages nach Antipathien aus dem Umfeld um vorzeitige Auflösung seines Vertrages gebeten hatte.
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