Hopp Springboks!

9 Juni 2010 Text: Matthias Häger
Foto: resedabaer / flickr.com

Südafrika – die Südspitze Afrikas ist durch die Fußball-WM derzeit in aller Munde. STARTING6 geht der Frage nach “Wie sieht es am Kap denn mit Eishockey aus?”

Wer glaubt, Südafrika kenne nur Fußball, vielleicht noch Rugby und Cricket, der liegt falsch. Es gibt auch eine durchaus beachtliche Eishockeytradition, die im Jahre 1936 beginnt. Das Nationalteam wird – standesgemäß nach dem Wappentier des Landes – “Springboks” genannt.

1936 wurde die South African Ice Hockey Association gegründet, der nationale Verband besteht bis heute und organisierte 1937 zum ersten Mal eine nationale Meisterschaft.Der Meister ist nicht bekannt, erst der Meister 1938 – die Mohawks IHC Johannesburg – steht in den Geschichtsbüchern. Neben der Liga gab es diverse Freundschaftsspiele von südafrikanischen Auswahlmannschaften, u.a. gegen Oxford und Cambridge (1936), Australien (1937) und andere , meist englische und kanadische, Teams. Offizielle Länderspiele waren das aber nicht, denn Südafrika wurde erst 1946 Mitglied in der IIHF.

Der Boom

Ausgerechnet ein Ball war es dann, der in den 50er und 60er Jahren für einen kleinen Eishockeyboom im südlichsten Afrika sorgte. Rudi Ball genauer gesagt. Der war vor dem zweiten Weltkrieg einer der populärsten Eishockeyspieler in Europa, 49maliger deutscher Nationalspieler und Teilnehmer an zwei olympischen Spielen und drei Weltmeisterschaften für Deutschland. 1932 sprang dabei in Lake Placid sogar eine Silbermedaille für den Stürmer des Berliner SC heraus, der auch Mitglied der Hockey Hall-of-Fame ist. Im zarten Alter von 39 Jahren wanderte Ball dann ans Kap aus und spielte in der kleinen südafrikanischen Liga für die Tigers IHC und die Wolves IHC.

Ball sorgte für Begeisterung, galt dort unten als Legende und zog Sponsoren und einige weitere altgediente Spieler an, die  ihre Karriere gegen gutes Geld in Südafrika ausklingen ließen. 1961 und 1966 meldete man dann auch für die WM. 1961 in der Schweiz erreichte man einen respektablen fünften Platz, verlor das erste offizielle Länderspiel mit 3:12 gegen Jugoslawien, schlug aber im letzten Spiel Belgien mit 9:2 und wurde Vorletzter. 1966 verlor man alle Spiele.

In der Liga war die Halle in Johannesburg in diesen Jahren mit 3.000 Zuschauern regelmäßig bis zum letzten Platz gefüllt. 1967 kam der deutsche Club Eintracht Frankfurt nach Johannesburg, das Spiel war bereits Wochen vorher ausverkauft.

Tristesse

Danach ging es steil bergab. Die südafrikanische Währung – der Rand – verlor an Wert und man konnte die Legionäre nicht mehr bezahlen. Zudem kam das Fernsehen ans Kap und die Leute saßen lieber vor der Flimmerkiste als in die Eishallen zu pilgern. Der Ligenbetrieb ging zwar weiter, doch international nahm man bis 1992 an keiner WM mehr teil und das Niveau der Liga sank stetig ab. 1992 war man dann gleich Ausrichter der C2-WM, wurde Zweiter hinter Spanien und verpasste nur knapp den Aufstieg. Auch 1995, 1998, 1999 und 2002 richtete man die C2-WM aus, Erfolge stellten sich nicht ein. Eher im Gegenteil – man wurde zur Fahrstuhlmannschaft: 2004 Abstieg in die Division 3, danach Wiederaufstieg. 2006 Abstieg, 2008 Aufstieg, 2009 Abstieg. Immerhin konnte man gut 1/3 aller WM-Spiele gewinnen. Der höchste Sieg war 2005 ein 33:1 gegen Armenien, die deftigste Niederlage ein 0:32 gegen Kasachstan.

Und heute

2010 verfehlte man den Aufstieg. Bei der Division 3-WM in Eriwan, Armenien erreichte man Platz drei hinter Armenien und Nordkorea, konnte aber die Mongolei hinter sich lassen. In der Endabrechnung erreichte man aber doch den zweiten Platz, da Armenien nicht-lizensierte Spieler eingesetzt hatte. Der Spielstil der Springboks ist körperlich, vom Rugby geprägt und manchmal auch unkonventiell. Die feine Klinge und die schnieke Technik sucht man vergebens, wenn sowas bei der Division 3-WM überhaupt vorhanden ist. In der IIHF-Weltrangliste steht das Team auf Platz 42. Cheftrainer ist der Brite Ronnie Wood. Neben der A-Nationalmannschaft gibt es auch U-20 und U-18-Teams, sowie eine Damennationalmannschaft. Relevante Erfolge hat keines der Teams aufzuweisen.

Die nationale Liga gibt es auch. Sie wird in zwei Provinzen gespielt, die Gauteng League mit AMA Horney Pretoria, Wildcats Krugersdorp und Scorpions Vereeniging, und die Western Province League, deren Spielnivau weit unter jenem der Gauteng League liegt, mit drei Teams aus Kapstadt: die Sharks, die Eagles und die Rams. Am Saisonende wird im so genannten Interprovincial Tournament der Südafrikanischen Meister ausgespielt. Insgesamt spielen etwa 1.350 Leute aktiv Eishockey, davon sind knapp 1.200 Nachwuchsspieler. Es gibt fünf Eishallen.


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