Ein Tête-à-tête mit Urmel
Sie heißen Paule, Goleo, Cooli, Berlino, Jünter oder Fritzle. Maskottchen – aus dem Sport kaum mehr wegzudenkende, überdimensionale Karikaturen von Tieren oder Gegenständen mit menschlichen Zügen, die als Glücksbringer für das Team, Anheizer für die Fans und – in der heutigen Zeit – als Marketinginstrument zur Generierung von Einnahmen, fungieren. Dabei ist das Image der Maskottchen, sowohl was die Qualität der Kostüme, die Fähigkeiten der jeweiligen Darsteller als auch die Akzeptanz bei den Fans angeht, stark unterschiedlich. Während Goleo 2006 als “Zottelvieh ohne Hose” mehr fragende Mienen als Begeisterung zurückließ, und der Adler “Paule” beim DFB auch eher im Schatten der Nationalelf seine Kreise zieht, hat der Deutsche Eishockey Bund bei der Wahl des Maskottchens endlich mal etwas richtig gemacht.
Mit der Verpflichtung von “Urmel auf dem Eis”, dem letzten lebenden Wesen der ausgestorbenen Tierart der Urmel, dem Bindeglied zwischen den Dinosaurieren und den Säugetieren, hat man einen sehr guten Griff getan. Seitdem die von Max Kruse geschaffene und von der Augsburger Puppenkisten deutschlandweit bekannt gemachte Figur, am 8.11.2006 vom EHC Titiwu zur DEB-Nationalelf gewechselt ist, stößt das sympathisch grüne Urzeitwesen zunehmend auf Begeisterung. Mit Witz, Esprit und Charme hat das freche Maskottchen die Herzen der deutschen Eishockeyfans im Sturm erobert. Es ziemt sich nicht, die Frage zu stellen, ob die Fans angesichts der dürftigen Leistungen auf dem Eis ihren Support lieber dem stets gut aufgelegten Urmel zuteil werden ließen, oder ob die Begeisterung unabhängig vom Geschehen auf dem Feld entstanden ist.
Richtig durchgestartet ist Urmel allerdings erst in diesem Jahr. Im Rahmen der Promotion-Tour für die Eishockey WM 2010 in Deutschland, macht die Roadshow des DEB in nahezu allen Eishockeystadien der Liga Station. Sämtliche DEL-Stadien, alle Länderspiele und viele Traditionsstandorte der zweiten und dritten Liga wurden von Urmel besucht. Und überall stieß Urmel auf Begeisterung. Nicht nur bei Kindern, die das freundliche Gesicht und den zum Spielen anregenden langen Schwanz sofort ins Herz schließen, auch ältere Fans konnten sich Urmel nicht entziehen und bestanden darauf, ein Foto mit Urmel zu bekommen, oder deckten sich am WM-Stand mit Postern und anderen Fan-Artikeln ein. Dass der lange Schwanz die Fans animierte, das Urmel mit “Urmel hat den längsten Schwanz, ole” anzufeuern, ist eine lustige Anekdote, die zeigt, dass Eishockey-Fans doch etwas anders, und manchmal auch derber, als der Rest der Sportwelt sind. Aber es ist immer lieb gemeint.
Doch wer steckt hinter Urmel? STARTING6 hat den Besuch von Urmel beim Spiel der Wild Wings gegen die Steelers in Schwenningen zum Anlass genommen, auf Spurensuche zu gehen. Sven Kielmann, heißt der Darsteller des Maskottchens, der im Rahmen der Promotour in das Kostüm des Urmels schlüpft. Der Inhaber einer Agentur hat sich beim IIHF auf die Ausschreibung zum Maskottchen beworben und auch gewonnen. Er bestreitet jetzt die komplette Promotour, mit drei Fahrzeugen und mehreren Helfern fährt er rund 130.000 Kilometer durch Deutschland, um bei über 50 Auftritten die Werbetrommel für die Eishockey-WM zu rühren. Urmel ist dabei ein Teil der Kampagne. Sven Kielmann sät die Begeisterung für die Eishockey-WM, und der Erfolg und die Begeisterung der Zuschauer in den jeweiligen Stadien geben ihm Zufriedenheit und neue Motivation für seine Auftritte.
Wenn man ihn nach seiner Tätigkeit fragt, dann könnte er auch antworten, er sei Profi-Maskottchen. Bereits 1993, 1996, 1998 und 2005 war er als Maskottchen bei der Eishockey-WM tätig, daneben verkörperte er lange Jahre den Hai beim Kölner EC und musste sich den Pöbeleien, nicht nur der Düsseldorfer Fans, aussetzen. Das sei im Vergleich dazu das Schöne an Urmel, dass es ein neutrales Maskottchen sei und überall auf Zustimmung stoße. Auch wenn es Ausnahmen gibt, eine Anekdote weiß er vom Spiel der Wild Wings bei den Wölfen Freiburg zu erzählen. Aufgrund der eingeschränkten Sicht im Kostüm, fuhr er auf dem Eis dorthin, wo es laut war, feierte mit den Fans und machte seine Späße. Erst als er die Fläche dann verließ und vom Eismeister angepflaumt wurde, weshalb er denn hier in Freiburg ausgerechnet mit den ungeliebten Schwenninger Gästern feiern würde, stellte er fest, dass er aufgrund der Lautstärke die Auswärtsfans mit den Heimfans verwechselt hatte.
Den Bezug zum Eissport hat der sympathische Düsseldorfer schon lange. 24 Jahre Eiskunstlauf und 10 Jahre Hockey verbinden mit dem glatten Untergrund und ermöglichen ihm auch, auf dem Eis souverän und sicher, trotz schwerem Kostüm und eingeschränkter Sicht, zu agieren. 15 Kilo wiegt das Urmel bestimmt und nach der Show auf dem Eis und auf dem Rängen ist Sven Kielmann jedes Mal geschwitzt und geschafft wie ein Eishockey-Torhüter, Gewichts- und Wasserverlust inklusive. Dazu verspannt sich noch der Nacken, wenn man den Kopf gerade halten will. Maskottchen zu sein ist ein körperlich anstrengender Job für den man fit sein muss.
Ein unmaskiertes Bild von Sven Kielmann im Urmel-Kostüm dürfen wir nicht zeigen, der Zauber der Figur soll doch erhalten bleiben. STARTING6 ist wie die meisten Fans von Urmel begeistert und wir hoffen, dass er noch weiter sein Unwesen in deutschen Stadien treiben darf, Kinderaugen zum Leuchten bringt und vielleicht die Fans und damit auch die Spieler dazu bringt, einen Tick mehr für ihr Team und ihr Land zu geben. An Kielmann wird es nicht scheitern, denn er verkörpert Urmel mit Leib, Seele und vollem Einsatz.
Super Artikel !
Schöner Artikel über eine sehr sympathisches Maskottchen!
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