Absolute Eiszeit

2 September 2011 Text: Björn Fricke
Foto: Martina Rathgens / flickr.com unter CC-Lizenz

Manchmal schiebt man lieber still und leise seinen Frust vor sich hin und hält den Schnabel. Das haben wir diesen Sommer getan. Wenn man den Großteil der Eishockeyfans fragt wie dieser Hockeysommer wieder einmal verlaufen ist erntet man größtenteils ein Schulterzucken oder Kopfschütteln. Schlechtes Wetter überall, wie befürchtet und vorhergesagt, besonders in den für das deutsche Eishockey so eminent wichtigen Kooperationsvertrag-Verhandlungen zwischen DEL, DEB und ESBG. Seufzend resümieren wir bei STARTING6 was uns dieser Bärensommer wieder einmal für das deutsche Eishockey beschert hat.

Verhandlungen, Alleingänge und Schuldzuweisungen

Es fällt schwer neutral das Ganze noch einmal aufzurollen, ohne selber in Schuldzuweisungen zu verfallen. Fangen wir einfach einmal mit dem Ergebnis der Verhandlungen an. Es besteht kein Kooperationsvertrag zwischen DEL und der Zweiten Bundesliga mehr. Dies bedeutet neben der Absage von Testspielen durch die Zweitligisten, dass auch keine Förderlizenzen mehr für Nachwuchstalente zwischen DEL- und Bundesliga-Clubs mehr ausgegeben werden dürfen. Dass es keinen Auf- und Abstieg mehr geben wird, nicht einmal mehr am grünen Tisch, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.

Am Ende lehnten die ESBG-Verhandlungsführer das Angebot der DEL-Clubs, das eine Relegation in drei Jahren beginnend und eine Umgestaltung des gesamten Bundesliga-Spielplans inklusive Ende regulärer Saison Anfang Februar vorsah, ab. Weder Bundesliga-Clubs, noch DEL-Clubs waren bereit in irgendeiner Form weiter aufeinander zu zugehen, während von Seiten der DEL ein unrealistisches Angebot das nächste ablöste und man damit die Schuld am Scheitern auf die ESBG abwälzen wollte. Am Ende stellten die ESBG-Clubs auf Stur und ließen die Verhandlungen platzen und brachten den Dachverband DEB in eine prekäre Situation.

Anstatt jedoch als Schlichter aufzutreten und einen vielleicht niemals für beide Seiten akzeptablen Kompromiss auf den Tisch zu bringen, verhandelte der Verband nur noch mit der DEL und erreichte einen Kooperationsvertrag, der zum einen Förderlizenzen zwischen DEB-Ligen (Oberligen, Landesverbände, etc) und der DEL ermöglichte, als auch das Abstellen von Nationalspielern durch die DEL-Clubs sicherte. Dieser Vertrag besitzt zunächst eine Gültigkeit bis 2018 und schließt somit beide kommenden olympischen Winterspiele ein. Von Verbands-Seite fühlte man sich sichtlich aus Zeitnot genötigt zumindest die Nationalmannschaft abzusichern und vor allem auch die finanzielle Absicherung des Verbandes, der ohne die Gelder der DEL auch nicht handlungsfähig gewesen wäre.

Verlierer sind die Bundesliga-Clubs?

Das dieser Alleingang in Konsequenz vor allem einen Affront gegenüber den  gleichzeitig DEB-Mitgliedern und in der ESBG organisierten Bundesliga-Clubs gleichkommt ist offensichtlich. Pikant ist vor allem das der DEB einen Platz in der ESBG-Gesellschafter-Versammlung hält und somit eigentlich einen Interessenkonflikt vorliegen hat. Dies dürfte den nun nach oben isolierten Bundesliga-Clubs besonders negativ aufgestoßen sein. Mit dem beschlossenen Vertrag ist die DEL der Existenz als “wilde Liga” ohne Anerkennung durch den nationalen Verband entgangen und darf somit auch in Zukunft an international durch die IIHF (International Ice Hockey Federation, der Eishockey-Weltverband) teilnehmen. Zudem ist die DEL somit vom Verband als höchste deutsche Spielklasse abgenickt und stellt somit auch den offiziellen deutschen Eishockey-Meister.

In dieser Schmach suchen die Bundesliga-Clubs nun eine neue Ausrichtung und Selbstvermarktung. Man hat mit der DEL abgeschlossen, von der man sich auch in Zukunft keine gemeinsame Basis erwartet und kocht nun sein eigenes Süppchen. Während es sehr einfach ist sich von der DEL loszusagen und man diese auch nicht wirklich braucht, wie die letzten Jahre bewiesen haben, kann man dies vom Verband nicht behaupten. Andersherum ist auch an den wichtige Säulen in der Nachwuchsarbeit darstellenden Bundesliga-Clubs dem Verband viel gelegen. Der DEB braucht die Bundesliga, die Bundesliga braucht den DEB. Es herrscht jedoch Eiszeit.

Die echten Verlierer sind andere

Die DEL sichert ihre geschlossene Gesellschaft ab und somit dürfte wirtschaftlich in einigen Clubs aufgeatmet worden sein. Der Abstieg in die zweite Liga ist für viele kleinere DEL-Standorte eine Horrorvision, die nun für viele Jahre nicht Realität werden wird. Man bleibt unter sich. Alles bleibt beim Alten. Jedoch auch das miserable nationale Marketing der Liga. Es bleibt bei Pay-TV und Randsportart in Deutschland, eine Schande für unseren Sport, der im nationalen Fokus immer mehr hinter Handball und Basketball versinkt.

Die zweite Liga, nun Bundesliga zumindest im Geiste, wird mit ihrer Neu-Ausrichtung auch Erfolg haben. Die Probleme werden finanziell wackelige Clubs bleiben und Insolvenz-Vermeidung bei Teilnehmern dürfte die schwierigste Aufgabe für die sich nun selbst vermarktende Liga werden. Fraglich bleibt ob einige Clubs, die massiv auf Förderlizenz-Projekte gesetzt haben in der näheren Vergangenheit, den Schritt zum autarken Club schaffen werden. Diese Saison wird daher ein Gradmesser werden, in wie weit die “Bundesliga” solide ist und in wie weit alle Vereine die gemeinsame Marschroute mitgehen werden.

Der DEB hat mit seiner Haltung diesen Sommer viel verbrannte Erde geschaffen und ein noch schwächeres Bild gezeichnet, als in der Vergangenheit. Während in Harnos&Co noch zu Frühlingszeiten Hoffnungsträger gesehen wurden, herrscht bei vielen eiskalte Abneigung durch alle Kreise, egal ob bei Fans oder bei offiziellen Vereinsvertretern. Verraten und verkauft sehen sich die Bundesliga-Clubs und vor allem deren Fans. Dies wird sich erheblich auf die Nationalmannschaft auswirken, denn viele “Supporter” bei Turnieren waren vor allem Fans aus den ESBG-Clubs. In vielen Fanforen liest man Frust und Zorn gegenüber dem Dachverband und dieser wird sich sehr wahrscheinlich auch auf die Nationalmannschaft entladen. Der Deutschland-Cup dieses Jahr in München könnte zum Desaster werden, vor allem weil der neue lokale Bundesliga-Basketball-Club Bayern München viel Laufpublikum abzweigt. Es ist schon Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet wieder der Basketball hier das Eishockey ausstechen könnte. Sollte Dirk Nowitzki auch noch bei Bayern München aufgrund des NBA-Lockouts auflaufen, werden beim DEB-Marketing alle gefordert sein um die Halle voll zu machen.

Was sagen wir dazu?

Am Ende sind wir ein Fan-Magazin. Wir sind die wahren Verlierer. Wir wollen Auf- und Abstieg, wir wollen eine optimale Nachwuchsförderung sehen, Spieler die von den Landesverbänden durch alle Ligen hinauf in die Nationalmannschaft heranwachsen und uns Wunder schaffen, wie bei der WM im eigenen Land. Wir und eben diese Nachwuchsspieler. Denn, was soll ein Akteur machen, der keine Spielzeit in der DEL bekommt und dann nur Oberliga spielen kann. Wir schneiden uns ins eigene deutsche Eishockey-Fleisch.

Die DEL träumt vom amerikanischen System, von Farmteams, von Franchises statt Clubs. Dafür braucht man keinen Auf- und Abstieg, die unteren Ligen füttern die höheren und umgekehrt. Die Bundesliga träumt von den alten Zeiten, mit Auf- und Abstieg, mit optimaler Nachwuchsförderung und Anerkennung dieser. Der DEB träumt von einer starken Nationalmannschaft. Alle haben sie eines gemeinsam, sie träumen.

Die Realität ist eine Eiszeit im deutschen Eishockey, so schlimm wie nie zuvor. Es geht nur noch um Eigeninteressen. Und wir, die Fans, die Spieler, gucken hilflos zu. Egal wo wir hinsehen, der echte Verlierer ist das deutsche Eishockey.



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8 Kommentare »

  • Jochen said:

    Zu einem Fanmagazin gehört es meiner Meinung nach auch andere Fanmeinungen zu vertreten und bei solchen Konflikten, wie dem derzeitigen, wirklich realistische Möglichkeiten zumindest zu diskutieren. Beides wird hier nicht getan.

    Stattdessen wird hier entgegen dem Eingangsabsatz klar Position für eine bestimmte Gruppe von Clubs bezogen. Die Behauptung, dass die Mehrheit der Fans bei Turnieren der Nationalmannschaft, Fans von Zweitligisten wären, zeigt dann doch, eine etwas seltsame Sicht der Dinge und kennzeichnet meiner Meinung nach auch einen wichtigen Punkt der Debatte: Jede Gruppe beansprucht für sich, dass sie die unzufriedene Mehrheit darstellt und gefälligst nach den eigenen Vorstellungen zu richten hat. Besser wäre es, wirklich mal festzustellen, inwieweit wirklich Fans bestimmte Dinge schlecht finden. Internetumfragen auf Webseiten oder Kommentare in Foren sind dafür nur ein sehr kleiner Gradmesser.

    Wie bereits geschrieben, wird hier statt sich z.B. mal konstruktiv mit dem Problem der eigentlichen Verzahnung zwischen 2. Bundesliga und DEL (und auch anderen Ligen) zu beschäftigen, wieder wie zu erwarten, ausschließlich der DEL der schwarze Peter bei den Vorschlägen zugeschoben. Dass die ESBG ebenfalls gegenüber der DEL ähnlich unrealistische Erwartungen hat, ist kaum kein Thema.

    Ich möchte die Thematik zumindest mal anschneiden, um anzudeuten, dass dieser Konflikt eben einer ist, der von beiden Seiten vorangetrieben wird:

    Aktuell fangen DEL und 2. Bundesliga fast gleichzeitig im September an und beenden ihre Hauptrunden auch fast gleichzeitig. Wenn jetzt in dem einen Modell erwartet wird, dass dann nach den Meister-Play-Offs eine Relegation gespielt wird, heißt dies gleichzeitig, dass die möglichen Relegationsteams der DEL bis zu diesem Zeitpunkt entweder eine Abstiegsrunde spielen müssen oder pausieren müssen. Früher waren Abstiegsrunden auch üblich, nur ist dies heute nicht mehr praktikabel. Deutlich geringeres Zuschauerinteresse ist die Folge und je nach Saison langweilige Spiele (wenn ein Club abgeschlagen Letzter ist, wird sich das meist auch in der Relegation nicht ändern). Dieses Desinteresse ist in vielen Ligen mit Verzahnung zu sehen, ich denke da z.B. an die tschechie Extraliga.
    Auf der anderen Seite ist es natürlich auch abwegig, dass die 2. Bundesliga keine Play-Offs ausspielt und der Meister direkt in eine Relegation hat. Play-Offs sind mittlerweile fest etabliert und man will nicht darauf verzichten (wobei das einer der großen Unterschiede zur Prä-DEL-Zeit ist).
    Ein weiteres Problem sind die Regularien zu ausländischen Spielern, die schon eigentlich immer ein Problem bei der Verzahnung waren. Möglicherweise wird dieses Problem sich auch von selber lösen, wenn auch Positivquoten für deutsche Spieler vo EuGH untersagt werden (im Basketball werden diese Regularien momentan untersucht).

    Ich selbst weiß nicht, welche Lösungen die besseren sind. Aber darum geht es ja auch nicht, sondern um die Diskussion darüber, die hier völlig fehlt. Stattdessen wird eine Abschwächung des Status des Ligaeishockeys prognostiziert und mit anderen Sportarten verglichen, ohne die dortige Situation zu kennen. Ich bewege mich ständig innerhalb von 4 Sportarten (Fußball, Eishockey, Basketball, Handball), z.B. in Foren, und höre dort von bestimmten Leute fast die gleichen Prognosen. Sportart X wird kaputt reguliert, Sportart Y und Z entwickeln sich da viel besser. Wenn ich diese zusammenfassen würde, leben wir in einem Land, in dem jeglicher Profisport vor sich hindümpelt und kaum Zuschauer aufgrund der Unattraktivität hat (Ausnahme 1. Bundesliga beim Fußball, die dortigen Klagen gibt es meist ab Liga 3 abwärts).
    Wenn man sich auf andere Sportarten bezieht, ist es meiner Meinung nach essentiell wichtig, zu wissen, welche Diskussionen es dort öffentlich oder auch zwischen Liga und Clubs gab und gibt.

    Das deutsche Eishockey steht bei einigen Zahlen weit besser dar, als es hier und auch an anderen Stellen immer getan wird. Die Zuschauerzahlen sind absolut deutlich besser als bei den anderen Hallenligen. Das ein boomartiges Wachstum sich nicht ewig fortsetzt ist selbstverständlich und daher hat die Etablierung auf einem hohen Niveau eher weniger mit der Liga an sich zu tun. Die Kölner Haie sind dafür das beste Beispiel. Wieso bleiben deutliche Zuschauermengen weg von den Spielen? Weil sie 2 sportliche Grottenjahre hinter sich haben, oder weden der DEL? Wieso steigen in Krefeld wieder Zuschauerzahlen?
    Auch die Pay-TV-Debatte überdeckt, dass die Erlöse, die damit erwirtschaftet werden, deutlich höher sind, als die der HBL oder BBL. Auch die Sponsoringerlöse sind nicht niedriger, so daß also die TV-Gelder nicht Sponsoringerlöse aufgrund der niedrigeren Free-TV-Präsenz substituieren. Im Übrigen ist die Pay-TV-Debatte auch eine, die in jeder Sportart diskutiert wird und daher auch keine allgemein gültige Aussage, wie sie hier oft getroffen wird, zulässt.

    Diese ganze Beispiele sind kurz gefasst und unvollständig. Ich will damit aber aufzeigen, dass die Problematiken weit komplexer sind, als sie in vielen Diskussionen immer wieder dargestellt werden. Die Frage ist nun, wie ist es möglich, dass man einen wirklichen Dialog aufbaut. Ein Schritt auf Fanebene wäre, Sachthemen auch mal wirklich zu diskutieren und diese in einem bestimmten Rahmen den Ligaorganisationen vorzustellen.

  • Björn Fricke (author) said:

    Im Prinzip kritisieren wir das Ergebnis der Verhandlungen und ihre Auswirkungen für das gesamte deutsche Eishockey. Das wir subjektiv gesehen eher den Zweitligisten das Groß der unrechtmäßigen Behandlung zusprechen ist ebenfalls korrekt. Unkorrekt ist es das wir der DEL den schwarzen Peter alleine zuschieben, meine persönliche Meinung ist das alle Verhandlungspartner durch ihre eigenen Agenden am Ende ein konstruktives Ergebnis blockiert haben.

    Allerdings finde ich ihre Ausführung zur Relegation auch unvollständig. Warum überhaupt eine Relegation? Warum nicht ein direkter Abstieg und Aufstieg, also Play-Downs und Play-Offs? Beide Ligen wären dann in der Terminfindung unabhängig.
    Wäre dieser Plan für die DEL-Teams akzeptabel gewesen, hätte man keine Probleme gehabt einen Kooperationsvertrag zu schließen. Stattdessen kamen unhaltbare Relegationsvorschläge, die terminlich wirtschaftlichen Selbstmord für die Zweitligisten bedeutet hätten als Reaktion. Das ist ein Fakt. Keine Übertreibung unsererseits.

    Auch wir sind daran interessiert konstruktive Arbeit zu leisten. Ich stimme Ihnen zu, dass die Kluft auch zwischen den Fans momentan schwierig zu überwinden ist, allerdings versucht man hier zumindest auf Seiten der Fanbeauftragten den Schulterschluß. Es ist eminent wichtig, dass sich die Fans als Einheit solidarisieren, aber Sie müssen auch den Zweitliga-Fans zugestehen, dass nach dem Handeln des Verbandes die Lust auf Engagement im nationalen Sinne sehr gering ist.

    Es ist keineswegs eine komische Sichtweise, denn viele Fans dieser Clubs fühlen sich vom Verband verraten und verkauft und werden eben davon absehen wie bisher den Verband und dessen Turniere zu unterstützen.

    Alle Parteien haben momentan Ziele, die sich nicht vereinbaren lassen und bis 2018 ist nun der Riegel vorgeschoben und alle Parteien bemühen sich mit dieser Situation zu “überleben”. Wenn man sich die Situation z.B. in Düsseldorf anschaut, ist fraglich, ob die DEL in ihrer jetzigen Form diese Spielzeit überleben wird. Selbes gilt für die Wackel-Standorte der zweiten Liga. Wenn Sie schreiben, dass es dem deutschen Eishockey verhältnismäßig gut geht kann ich bloß mit dem Kopfschütteln. Dem deutschen Eishockey kann es viel besser gehen und die Politik seiner Profi-Ligen und seines Verbandes ist der Bremsklotz. Nicht wir Fans, nicht unser Fanmagazin.

    Im Endeffekt werfen Sie uns mangelnde Konstruktivität vor, liefern aber selber wenig Anhaltspunkte, wie die Lage sich bessern sollte. Einige Punkte Ihrer Kritik sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen, allerdings picken Sie sich auch die Rosinen aus dem Artikel und vernachlässigen viele Punkte, die wir ansprechen. Das Thema Nachwuchs und das damit verbundene Thema Förderlizenzen lassen sie komplett aus. Für uns einer der wichtigsten Punkte in den Verhandlungen, eigentlich fast noch wichtiger als Auf- und Abstieg.
    Ich bekomme gerade Lust einmal genau aufzuführen, wer eigentlich in Deutschland wie viel für den Nachwuchs tut, vielleicht widme ich dem ganzen noch einen Artikel. Den wird man in Hannover-Süd, in Hamburg und anderswo sicherlich nicht gerne lesen. Steht die DEL im Vergleich zu den Basketball-Erstligisten und Handball-Erstligisten gut da was dies angeht? Sie sprechen ja lediglich vom Finanziellen, dazu:

    Woher wollen Sie bitte wissen wie gut die finanzielle Lage der DEL im Vergleich zu HBL und BBL ist? Genau wie Sponsoring-Erlöse ist dies für Außenstehende reine Spekulation. Wenn Sie hier argumentieren möchten, dann bitte auch mit konkreten Zahlen. Eine Pay-TV-Debatte gibt es in dieser grundsätzlichen Form in allen großen Sportarten in Deutschland gar nicht. Beide von Ihnen angesprochene Ligen sind im Free TV zu sehen. Lesen sie noch einmal genau, wir sagen nicht das die DEL sich schlecht vermarktet, wir sagen das die DEL als Flaggschiff unseren Sport schlecht vermarktet. Hier besteht ein großer Unterschied.

    Das die Situation komplex ist und leidlich lediglich wirtschaftlichen Interessen geschuldet ist bestreitet hier auch niemand. Wenn Sie Anregungen haben bieten wir Ihnen hier gerne eine Plattform um konstruktiven Dialog zu betreiben.

    Schlussendlich geht es uns allen um das Wohlergehen unseres Sports oder? Oder geht es nur um das finanzielle Wohlergehen diverser Clubs?

  • Jochen said:

    “Warum überhaupt eine Relegation? Warum nicht ein direkter Abstieg und Aufstieg, also Play-Downs und Play-Offs?”

    Ja, das wäre sicherlich eine Möglichkeit. Aber im Eishockey eben nicht ohne Risiko. Daher gibt es ja eine Relegation, um die Wahrscheinlichkeit eines Abstiegs zu senken. Die Kölner Haie sind hier sicherlich ein gutes Beispiel. Würden die Haie, isoliert auf die sportliche Situation, vorletzte Saison abgestiegen, wäre der Club wohl wirklich insolvent gegangen, eine Sanierung, die jetzt langsam versucht wird, nicht möglich.
    Einen direkten Austausch zwischen den Ligen kann es meiner Meinung nach nur geben, wenn sich die Ligen deutlich angenähert haben.
    Diese Frage ist also direkt mit den Bedingungen verbunden, die die DEL erfüllt sehen haben will.
    Ich denke, dass die 2. Bundesliga sich durchaus in diese Richtung enwickelt. Die Hallensituation hat sich ja deutlich gebessert, eine Mehrheit der Clubs hat eine grundlegende Basis, die DEL-Eishockey ermöglicht. 8 von 13 Clubs (Bietigheims neue Halle bereits berücksichtig) besitzen eine Infrastruktur, die die Standards bereits erfüllt oder durch relativ einfache Verbesserungen ermöglicht. Umgekehrt würde auch ein DEL-Club wohl in 2-3 Jahren nicht völlig abstürzen wenn er absteigen würde. Hinzu kommt natürlich auch noch die sportliche Qualität, wobei auch die sich gut entwickelt hat. Es bringt auch einem zweitligist nichts, wenn er nach einem Jahr wieder abgeschlagen bzw. “souverän” durch eine Play-Down-Runde absteigen muß. Gerade im Play-Off-System ist das ein deutlicher Unterschied zu einem Aufstieg in Ligen mit einem Hauptrundensystem. Beim Fußball werden wesentlich seltener Mannschaft Meister, die nicht die ganze Saison auf hohem Niveau spielen. Bei Play-Offs kann sich ein Team in einen Rausch spielen und durch die wenigen Spiele weit öfter Überraschungsmeister werden. Man denke an Augsburgs vorletzte Saison.

    “Es ist keineswegs eine komische Sichtweise, denn viele Fans dieser Clubs fühlen sich vom Verband verraten und verkauft und werden eben davon absehen wie bisher den Verband und dessen Turniere zu unterstützen.”

    Ich habe nicht bezweifelt, dass viele Fans unzufrieden sind. Was ich aber bezweifle, sind die Darstellungen, dass es sich dabei automatisch um Mehrheiten handelt. Ich will das nicht ausschließen, aber nur weil man viele ähnliche Meinungen hört, bedeutet das eben nicht, dass es eine Mehrheit ist. Das Internet ist ein großer Treiber des Dialogs und des Austauschs. Aber diese Kommunikations ist alleine gesehen keine Basis, um daran festzumachen, dass eine Mehrheit eine bestimmte Meinung hat. Es gibt viele Leute, die ungern diskutieren, dann gibt es welche, die sich nur äußern, wenn sie etwas genau so sehen, manche nur, wenn sie etwas kritisieren. Dies ist aber für mich ein Thema, dass keine eishockeyspezifische Sache ist.

    ” Wenn man sich die Situation z.B. in Düsseldorf anschaut, ist fraglich, ob die DEL in ihrer jetzigen Form diese Spielzeit überleben wird”

    Dieses Szenario wird fast jährlich wiederholt und es trat bisher nicht ein. Wenn es denn eine Auswirkung hätte, dann würde dies auch nicht passieren, wenn ein Club Riesenprobleme hat, sondern erst in einigen Jahren.
    Bei der Debatte um die Kassel Huskies letztes Jahr habe ich mich aber auch gefragt, wieso unterklassigere Clubs unbedingt einen einfacheren Weg in die DEL wollen, auf der anderen Seite aber erwarten, dass alles den Bach runtergeht. Eigentlich müsste man doch froh sein, wenn man nicht ein scheinbar sinkendes Schiff betreten muß.

    “Im Endeffekt werfen Sie uns mangelnde Konstruktivität vor, liefern aber selber wenig Anhaltspunkte, wie die Lage sich bessern sollte.”

    Ersteinmal bin ich ein einzelner Nutzer. Meine “Aufgabe” ist es erstmal nicht, in einem Kommentarbereich ausführliche konstruktive Vorschläge zu machen. Ich sage ja auch nicht, dass ich ein Fanmagazin bin. Hier ist meiner Meinung ein solches Medium zuerst in der Bringschuld.
    Allerdings ist die Feststellung oben auch nicht richtig. Ich habe beispielsweise explizit ein Thema angeschnitten um aufzuzeigen, wo überhaupt die Probleme liegen. Das ist die Basis von konstruktiver Kritik. Dass ich nicht im Bereich eines Kommentarfeld einen mehrere Seiten umfassende konstruktive Kritikbericht einstelle, der zudem alle wichtigen Bereiche einschließt, versteht sich von selbst. Auf eurer Seite ist das sicherlich auch nicht sachdienlich, allerdings könnte man z.B. eine Serie mit wichtigen Punkten anlegen, in der eben die Kritikpunkte genauer beleuchtet werden.

    “Woher wollen Sie bitte wissen wie gut die finanzielle Lage der DEL im Vergleich zu HBL und BBL ist? Genau wie Sponsoring-Erlöse ist dies für Außenstehende reine Spekulation.”

    Ein Indikator für die finanzielle Lage im Sport ist der Umsatz. Höhere Umsatzzahlen korrelieren recht stark mit der finanziellen Stabilität eines Ligabetriebs. Hierbei hat die DEL und auch die ESBG mit der 2. Bundesliga deutlich höhere Umsatzzahlen als HBL und BBL. Die Gruppenumsatzzahlen werden da durchaus von den Ligen kommuniziert.
    Diese Zahlen sind aber auch relativ leicht ableitbar von 2 wichtigen Einnahmekategorien: Zuschauerzahlen und TV-Gelder
    Die Zuschauerzahlen sind in der DEL mit Abstand die höchstens einer deutschen Hallenliga. Das gleiche gilt auch für die 2. Bundesliga, die fast doppelt so viele Zuschauer hat, wie die ProA beim Basketball und etwas 50% mehr als die 2. Bundesliga der HBL.
    Die TV-Gelder sind auch relativ bekannt. Bei der BBL sind es Brotkrumen, werden aber durch das Ligasponsoring aufgewertet. Die HBL konnte mit dem aktuellen TV-Vertrag zwar ihr Angebot deutlich aufwerten, hatte aber nur als Ziel, mit dem Vertrag irgendwann 1,5 Mio Euro zu erlösen (v.a. durch die Vermarktung zusätzlicher Spiele wie Pay-Streams/TV).
    Sicherlich ist Umsatz nicht alles, auch weil z.B. der Eishockey strukturell höhere Kosten hat (mehr Spieler, Material, Eisfläche) und diese höheren Kosten auch decken muß.

    Ja, das sind größtenteils spekulative Annahmen. Aber das sind die Aussagen wie “Es bleibt bei Pay-TV und Randsportart in Deutschland, eine Schande für unseren Sport, der im nationalen Fokus immer mehr hinter Handball und Basketball versinkt.” auch, die annehmen, eine Pay-TV Präsenz kann nur negative Folgen haben.
    Ich halte es für einen Irrglauben, dass eine Randsportart (und dabei beziehe ich Handball und Basketball auch mit ein) sich über Free-TV besser entwickeln können. Auch das immer wieder genannte Beispiel Fußball hat ihr Haupt-Zugpferd nicht im Free-TV. Fußball war auch in früheren Zeit nie mit Livespielen so präsent. Es waren Einzelevents wie Pokalspiele (national/international), Länderspiele (v.a. EM/WM) und eben die Sportschau, die das Interesse für Fußball befeuert hat.
    Die Turniere sind es auch, die am ehesten auf “großen” Sender laufen. Es bleiben also Nischensender, auf denen z.B. die DEL live zu sehen sein könnte. Man probiert es ja auch mit einzelnen Happen jetzt in der DEL.
    Die ganze Problematik ist aber auch eine Problematik der TV-Struktur in Deutschland. So ist die DEL bei Sky ja deswegen mittlerweile in der Kritik, da der Sender enorm an Attraktivität verloren hat. Im Sportbereich läuft kaum was, wichtige Rechte wurden nicht weiter bezogen.
    Meiner Meinung kann die Zunkunft nur ein Mischmodell zwischen Pay-TV und Free-TV sein. Starke Spiele, die genügend Nachfrage haben, könnten sich via Werbung im Free-TV rechnen, ein Großteil der Spiele wird via Pay-TV on demand angeboten. Gerade die weitere Entwicklung von IPTV könnte für viele Randsportarten deutlich bessere Vermarktungsmöglichkeiten bringen. Die HBL hat in diesem Bereich nach anfänglich ähnlicher Kritik wie bei Eishockeyfans gute Erfahrungen mit Einzelspielen gemacht. Momentan ist das zwar größtenteils auf technikaffine Leute begrenzt, die auch Spiele am PC-Bildschirm gucken oder eben das Gerät an ein TV-Gerät anschließen. Die Entwicklung geht aber weiter. Die Möglichkeit zukünftig relativ einfach über ein Programm/App am TV ohne großen Aufwand bestimmte Inhalte auch kostenpflichtig abzurufen, wird die o.g. Entwicklung verstärken.

    “Schlussendlich geht es uns allen um das Wohlergehen unseres Sports oder? Oder geht es nur um das finanzielle Wohlergehen diverser Clubs?
    .”

    Wir diskutieren hier über Leistungssport. Leistungssport war immer abhängig von der Bereitstellung von Ressourcen. Früher waren es Betreuer, Material und gerade beim Eishockey eine Eisfläche. Wer keine Ressourcen beschaffen konnte, musste auf Leistungssport verzichten. Heute sind die Ressourcen v.a. Geld, und zwar relativ viel, welches nicht mehr nebenbei mal schnell beschafft werden kann. Ich glaube, dass diese, jetzt verkürzte Sicht, immer wieder unter den Tisch fällt. Ich halte daher viele Probleme beim Eishockey für “Evolutionsprobleme” beim Übergang vom Amateursport zum Profisport. Randsportarten hat das mehr getroffen als Fußball, beim Eishockey kommt dazu eine deutlich erhöhte Kostenstruktur. Gerade die Kosten der Eisfläche ist für ein flächendeckende Verbreitung des Sports ein großes Hindernis. In dem Zusammenhang sind selbst höherspielende Clubs gezwungen, sich zu entscheiden für eine neue Halle zu werben oder eben sich mit einer kleinen Lösung zufriedenzugeben und damit sich dauerhaft als Nischenclub zu präsentieren.

    Für mich selbst ist es bei der ganzen Debatte wichtig, dass endlich der Teufelskreis der ständigen Pleiten ein Ende findet. Trotz der nicht leichten Lage für bestimmte Clubs, ist die DEL deutlich weiter als es die 1. Bundesliga vor ihrem Ende war. Das trifft auch auf die 2. Bundesliga zu. Dafür notwendig ist ein Konsolidierungskurs. Der geht bei den meisten Ligen über eine strengere LIzenzierung und Standards. Gerade die Standards haben bei vielen Clubs (nicht nur beim eishockey) bewirkt, dass sich Clubverantwortliche endlich entscheiden, ob sie Profisport nachhaltig anbieten wollen, oder ob sie es lassen. Man mag über den frühen Zeitpunkt der DEL-Vorgaben für einen möglichen Aufsteiger sicherlich streiten können. Aber ich habe den Eindruck, dass sich manche Clubvertreter allgemein gegen relativ hohe Vorgaben wehren. Das ist auf den ersten Blick verständlich, dabei wird aber eben vergessen, dass genau dieses vielleicht manchmal auch naive Engagement, früher auch da war und zu ständigen Pleiten geführt hat. Mit gewissen Standards wird die Wahrscheinlichkeit gesenkt, dass einem Club vorzeitig während der Siason die Luft ausgeht. Gerade der 9000-Punkte-Standard bei den DEL-Hallen ist dabei ein relativ gutes Mittel, da er einen Standard nicht auf einem bestimmten absoluten Niveau verlangt, sondern Kompensationen zulässt:
    Wer wenig Sitzplätze in der Halle hat, kann dies durch viele Stehplätze ausgleichen.
    Ich bin momentan der Auffassung, dass selbst ein 7000-Punkte-Standards ähnliche Ablehnung finden würde, wie der heutige Standard. Dies ist übrigens auch kein eishockeyspezifisches Problem. Selbst beim Fußball meckern immer wieder Fangruppen darüber. Den Effekt wird man aber erst in einigen Jahren bemerken, wenn es auch in unterklassigen Ligen Standard geworden ist, realistisch und seriös zu wirtschaften.

  • Björn Fricke (author) said:

    Ich begrüße zunächst einmal Ihren ausführlichen Kommentar, dem ich in vielen Punkten beipflichten kann und möchte.

    Ich sehe wie Sie den dringenden Bedarf die beiden oberen Profi-Ligen in Deutschland in solide wirtschaftlich funktionierende Konstrukte zu verbessern. Ich möchte mich nicht in spekulativen Szenarien verrennen, wie mein Beispiel Düsseldorf und im Gegenzug Ihren skizzierten möglichen sportlichen Abstieg der Haie und deren Konsequenzen.
    Am Ende stellt sich trotzdem aber einfach die Frage, was muss von beiden Seiten, also DEL und “Bundesliga” gewährleistet sein, um Auf- und Abstieg sportlich zu ermöglichen.
    Viele DEL-Clubs, wie auch in ihrem Beispiel die Haie, fürchten den Fall ins Nichts, wenn sie sportlicher Absteiger wären. Sie sehen eine finanzielle Abstrafung durch den Fall in die zweite Liga und somit wirtschaftlich nicht zu kompensierbaren Verlust, der auf lange Sicht die Rückkehr ins Oberhaus verbauen würde.

    Aber, ist die geschlossene Exklusiv-Gesellschaft am Ende der richtige Weg zum Schutz vor diesem ungewollten finanziellen Niedergang?

    Gerade erreichen die Hockeywelt Nachrichten aus New Jersey, wo Traditionsclub Devils in ähnlicher prekärer finanzieller Verfassung steht, wie z.B. die DEG momentan in der DEL. Sind dies Einzelfälle, die auf Standortfaktoren und lokale Entscheider zurückzuführen sind, oder sind es Probleme im System.
    Selbst in der NHL gibt es keine Auffangsysteme für finanziell angeschlagene Clubs. Die einzige Lösung ist das Lösen der Franchise vom Standort, die Zelte werden also abgebrochen, und anderswo aufgeschlagen.
    Aber nicht nur die Lizenz geht auf Wanderschaft, die gesamte Franchise tut dies. Wäre so etwas auch in Deutschland möglich und dem Publikum gegenüber vertretbar? Ich denke nicht.
    Und hier sehe ich den zentralen Knackpunkt, warum die Übernahme des amerikanischen Systems auf Deutschland einfach nicht funktionieren kann. Wir haben Vereine, keine Franchises.
    Hier muss ein Umdenken erfolgen, denn sollte ein DEL-Club aus lokalen Problemen in Schwierigkeiten geraten, muss ein Sicherheitsnetz existieren, dass vorm Sturz in die Landesligen sichert.

    Profi-Eishockey ist ein sehr teurer Sport mit sehr geringen Gewinnspannen. Ein Club der sportlich für unsere Eishockey-Nation so viel bewegt und geleistet hat wie die Eisbären erwirtschaftet trotz riesiger und gut ausgelasteter neuer Halle ein Defizit von 2.1 Millionen Euro im Jahr. Es wird von “Investition in die Zukunft” gesprochen, von “Wert, abseits des finanziellen” (Aussage von Peter John Lee, Manager der Eisbären).
    Bei gerade diesen wirklich ungemütlichen Zahlen, von einem DEL-Club der wohl sportlich kaum besser dastehen könnte national gesehen, frage ich mich persönlich, warum die DEL-Clubs nicht die zweite Bundesliga als Sicherheitsnetz aufbauen wollen.
    Es wäre doch durchaus in ihrem Interesse, im Falle das Clubs, die zwar DEL-Standards erfüllen, aber aus diversen Gründen finanziell nicht mehr das Aufbringen der Kosten für die Wettbewerbsfähigkeit leisten können, einen Neuaufbau und Entschlacken in der zweiten Bundesliga möglich zu machen. Somit einer zeitnäheren Rückkehr ins Oberhaus entgegenzublicken. Eine Perspektive, die man Umfeld und Fans sicherlich näher bringen könnte, als den Abstieg ins Nichts, wo lediglich die “Jetzt erst Recht”-Mentalität als Durchhalte-Parole bleibt.
    Wie verzeihend und geduldig die lokale Infrastruktur aus Sponsoren, Fans und Gönnern sein kann, sieht man an ungezählten Beispielen. Ich nenne nur einmal Kassel und Frankfurt, mit ihren Zahlen im vergangenen Jahr. Aber, hätte ein Standort wie Frankfurt, nicht auch in der zweiten Liga seinen Neubeginn abkürzen können, wenn man frühzeitig auf die alarmierende finanzielle Lage reagiert hätte und es einen möglichen Abstieg in die zweite Liga gegeben hätte? Wir erinnern uns alle noch mit säuerlichem Geschmack im Mund an die Massenentlassungen in Duisburg, um Kosten einzusparen. Was hat es geholfen? Duisburg spielt Jahre später wieder bloß Drittklassig. Wäre damals abgestiegen worden, vielleicht hätte man an die alten Zeiten des EV Duisburg in der 1. Liga Nord anknüpfen können. Vielleicht wäre Duisburg wieder DEL-Standort, viel wahrscheinlicher aber zumindest Zweitligist.

    Wenn man Gründe sucht, dann fällt einem sofort ins Auge das die Schere zwischen DEL und zweiter Bundesliga einfach zu stark aufklafft. Durch unterschiedliche Ausländer-Regelungen sind einfach keine gemeinsamen Wettberwerbe möglich. Aber anstatt hier einen gemeinsamen Nenner zu finden, die zweite Liga als unteres Stockwerk zu sehen, hat man den Zugang vermauert, wie einen Keller voller Leichen, den man möglichst nie betreten will. Man stürzt sich lieber aus dem Fenster im obersten Stock und landet ganz am Boden anstatt den Nachbarn als Partner zu betrachten. Es wird bloß Konkurrenz gesehen.

    Das ist das Verquere am deutschen Eishockey. Insolvenzen gibt es auch zuhauf beim Handball, beim Basketball, beim Fußball. Allerdings ist nirgendswo die Zweite Liga so ein Dorn im Auge des Oberhauses. Beim Basketball hat man sogar die zweite Liga bewusst in Pro A und Pro B geteilt, um im Abstiegsfalle für die BBL-Clubs einen stärkeren Unterbau zu haben, und auch für den Aufsteiger, die Schere nicht soweit aufklaffen zu haben.
    Beim Fußball hat man alles, direkten Aufstieg, Relegation, beim Pokalwettbewerb des Verbandes gibt es keine Teilnahme-Beschränkung außer der sportlichen Qualifikation. Es wird im Free-TV und im Pay-TV präsentiert, es gibt internationale Wettbewerbe. Warum orientiert man sich nicht an diesem europäischen Erfolgsmodell, sondern amerikanisiert den Eishockey-Sport?

    Niemand hat etwas gegen ein modernes Stadion, solange der Umbau nicht Fankultur und Tradition zerstört. Als positives Beispiel sei Schwenningen genannt, als negatives Augsburg. Ich bin kein großer Fan der Eishalle in Ravensburg, denn ich finde in ein Eisstadion gehören Kurven hinter den Toren. Dass dieses Stadion aber kein DEL-Eishockey beheimaten kann in seiner jetzigen Form, finde ich abstrus.
    Viele Stadien in der zweiten Bundesliga haben dringend Modernisierungen nötig. Auch dies steht ohne Zweifel. Aber warum wird hier ein Punkte-Plan vorgegeben und nicht in jedem Falle miteinander zusammenarbeitet und für die lokalen Gegebenheiten das optimale Stadion erschaffen.
    Das ist auch meine Begründung gegen den momentanen 9000-Punkte-Plan. Er verschließt sich den lokalen Bedingungen und dies hat nichts mit harten Standards zu tun.
    Das Stadion ist am Ende nicht entscheidend ob ein Club sich in der DEL behaupten kann oder nicht. Ein Stadion sollte viel mehr die örtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, ohne dabei zum Mühlstein um den Hals zu werden. Ohne seinen Charme und seine Tradition einzubüßen. Wir brauchen in Deutschland wieder mehr Stadien mit der Ausstrahlung der Brehmstraße und gleichzeitig der moderneren Infrastruktur des ISS-Domes.

    Ich finde im übrigen, was die Konstruktivität angeht, brauchen wir gegenseitig keine Vorwürfe mehr finden. Ich finde diesen geführten kritischen Dialog um einiges konstruktiver, als das was Funktionäre in mehreren Verhandlungsrunden diesen Sommer bewerkstelligt haben

    All dies um ein einfaches Fazit zu resümieren benötigt Partnerschaft und Zusammenarbeit. Nicht gegenseitiges Blockieren. Auch wir haben in unserem Dialog hier zunächst angefangen gegenseitige Schwächen in den Beiträgen bloß zu stellen, aber sind nun denke ich mehr auf dem Weg wirklich die momentane Situation zu betrachten, bewerten und wirklich konstruktive Lösungsansätze zu formulieren.

    Ich persönlich habe die Hoffnung aus dem hier Geschriebenen vielleicht andere zu einem offeneren Umgang mit dieser Situation zu bringen, vielleicht Menschen die wirklich Einfluss auf die zukünftige Entwicklung unseres deutschen Eishockeys haben. Auch wenn man mir oder Ihnen mehr oder minder zustimmt, wir haben dasselbe Ziel vor Augen und dies gilt es zu erreichen.

  • Jochen said:

    “Aber, ist die geschlossene Exklusiv-Gesellschaft am Ende der richtige Weg zum Schutz vor diesem ungewollten finanziellen Niedergang?”

    Für mich, und ich denke, dass auch Clubvertreter ähnlich denken, ist die Exklusiv-Gesellschaft nicht der eigentlich Wunsch, sondern die Konsequenz aus dem klaffenden Unterschied. Dieser Unterschied wird ja auch von Dir nicht bestirtten. Um einen Unterschied auszugleichen ist entweder eine Absenkung des jeweils Höherstehenden oder die Aufstockung des jeweils Untenstehenden notwendig.
    Und genau bei diesem Unterschied will die Mehrheit der DEL-Clubs die jahrelang angepassten Regularien und Standards nicht einfach wieder nach unten schrauben und auf der anderen Seite die Mehrheit der Zweitliga-Clubs ihren Standard nicht deutlich erhöhen.

    Da ich das noch nicht klar ausgedrückt habe: Ich bevorzuge auch einen sportlichen Austauschen zwischen den Ligen. Wenn aber für dieses Ziel eben Standards abgesenkt werden, die sich zuvor bewährt haben, kann kurzfristig dieser Austausch nicht stattfinden.
    Dieses Problem haben übrigens alle Profiligen in Deutschland. In der 3. Liga des Fußball gab es beispielsweise nur einen sportlichen Absteiger, die anderen beiden Absteiger zogen sich freiwillig zurück. Der Effekt ist ein ähnlicher wie bei der DEL, die einen Austausch von freiwillig ausscheidenden Clubs nicht ausschließt.

    “Und hier sehe ich den zentralen Knackpunkt, warum die Übernahme des amerikanischen Systems auf Deutschland einfach nicht funktionieren kann. Wir haben Vereine, keine Franchises.”

    Zum einen: Selbst eine Ligaschließung hat nur minimal mit dem Franchisesystem der nordamerikanischen Profiligen zu tun. Dahinter steht noch eine Menge mehr an Koordination eine Rolle.
    Zum anderen: Auch beim Eishockey gibt es keine Vereine mehr. Ich weiß, dass man unter Vereine meist ein größeres Verständnis hat. Heutzutage sind jedoch alle DEL-Clubs und bis auf 2 Zweitligisten Kapitalgesellschaften (Rosenheim und Kaufbeuren). Auf den ersten Blick macht das erstmal auch keinen Unterschied, nur wenn aber nicht mehr der Verein den Spielbetrieb finanziert, sondern die Gesellschafter, dann kann man nicht automatisch erwarten, dass Gesellschafter ewig nur Geld reinpumpen.
    Daher ist auch die Aussage mit der Gewinnspanne auch falsch, Profisport erwirtschaftet mit ganz wenigen Ausnahmen selten Gewinne, die man Gewinne nennen kann. Anschutz will nicht mit den Eisbären Geld verdienen, sondern mit dem ganzen “Projekt” O2 World.
    Die Gründe für diese Entwicklung sind meiner Meinung nach historisch bedingt. Gäbe es heute keine Vereine, wären wir beim Eishockey möglicherweise unter das sportliche Niveau gefallen, was Bundesliga und Oberliga vor der DEL-Gründung hatten.

    Auch hier halte ich Umzüge von Clubs für falsch bzw. meist so umgesetzt, dass Fans diesen Club nicht annehmen. Hamburgs Umzug ist allerdings keineswegs ein Negativbeispiel. Der Einfluß der katastrophalen sportlichen Ergebnisse seit nun mehreren Jahren ist für mich ausschlaggebender als der Faktor, dass nach einigen Jahren den dortigen Fans langweilig geworden ist. Allerdings hängt die Ausdauer von Fans sicherlich auch mit einer Tradition des Clubs zusammen. In Köln sind auch aktuell noch mehr Leute bei den Spielen als früher zu erfolgreicheren Zeiten an der Lentstr. Eine solche Aussage relativiert sich aber auch wieder bei Düsseldorf, die seit ihrem Rückzug aus der DEL erheblich an Zuschauern verloren haben (diese Entwicklung begann auch deutlich vor der Dome-Zeit).

    ” Allerdings ist nirgendswo die Zweite Liga so ein Dorn im Auge des Oberhauses. Beim Basketball hat man sogar die zweite Liga bewusst in Pro A und Pro B geteilt, um im Abstiegsfalle für die BBL-Clubs einen stärkeren Unterbau zu haben, und auch für den Aufsteiger, die Schere nicht soweit aufklaffen zu haben.”

    Dies ist falsch. Gerade bei der BBL ist eine recht vergleichbare Situation wie beim Eishockey zu finden. Im Gegensatz zum Handball und Fußball, wurde beim Basketball, wie eben auch beim Eishockey, nur die 1. Liga verselbstständigt. Die 2. Liga ist wesentlich später verselbstständigt worden und steht maßgeblich unter DBB-Einfluß. Der DBB hat jedoch -im gegensatz zur Konstellation DEB-DEL – auch Einfluß auf die BBL.
    Die BBL hat ebenfalls mit ihren Standards kontroverse Diskussionen ausgelöst, die ebenfalls unter Fans geführt werden wie jetzt bei der DEL. Der Grund aber dafür, dass das ganze nicht so bekannt ist, ist die Tatsache, dass die BBL jahrelang keine sportliche Absteiger hatte. 2 Mal wurde die Liga erweitert, dann schieden mehrfach Krisenclubs aus, die schon jahrelang keine nachhaltige Basis hatten (z.B. Köln).
    Die BBL hat letztlich erzwungen, dass die 2. Bundesliga (die Organisation ist die Junge Liga) ebenfalls Standards einführt, die durchaus auch ambitioniert waren und einige Clubs gewzungen waren, zu entscheiden, ob man weiter vor sich hin arbeitet, oder jetzt endlich entscheidet, ob man Profisport oder Amateursport betreiben will. Wären die Standards nicht eingeführt worden, hätte die BBL die Liga geschlossen.
    Im Übrigen ist die Einteilung in ProA und ProB Augenwischerei. Die 2. Bundesliga bestand bis zur Einführung des Modells aus 2 Staffeln mit je 16 Teams (Nord/Süd). Dann wurde die ProA und ProB eingeführt, die national ausgespielt wurden, die ProB wurde jedoch hierarchisch untergeordnet und ist seitdem die 3.Ligaebene. Letzte Saison wurde die ProB in 2 Staffeln (Nord/Süd) aufegteilt und um 8 Teams erweitert (12 Clubs/Staffel).

    Beim Basketball gibt es übrigens absteigende Ausländerregularien. Ich halte es in dem Punkt für völlig inakzeptabel, dass die höhere Liga sich daran anpassen muß. Abgesehen davon, dass wohl auch demnächst Positiv-Quoten für deutsche Spieler vor dem EuGH gekippt werden, ist doch mittlerweile auch die Entwicklung klar zu sehen, dass es für die Clubs sich lohnt, eigene Spieler heranzuziehen. Die DEL z.B. hatte nie soviele deutsche Spieler wie aktuell.

    “Aber, hätte ein Standort wie Frankfurt, nicht auch in der zweiten Liga seinen Neubeginn abkürzen können, wenn man frühzeitig auf die alarmierende finanzielle Lage reagiert hätte und es einen möglichen Abstieg in die zweite Liga gegeben hätte?”

    Vorweg: Ich bin Fan der Lions gewesen und bin auch heute Fan der Löwen. Die Lions hatten das Problem, dass nach dem Tod des langjährigen Mäzen Schröder ein neuer Mäzen kam, der nicht wirklich wußte, was es bedeutet einen solchen Club zu “besitzen”. Von daher war eigentlich auch gar nicht die Frage, ob man in der 2. Bundesliga weitermacht. Es war ein Neuaufbau notwendig und die Entscheidung, dies wie schon 1992 mit dem Stammverein zu machen.
    Frühzeitig reagieren hätte man kaum können. Wenn man Mäzenen vorschreibt Summe xyz im Voraus als Bankbürgschaft bereitzustellen, dann wird er eben nichts mehr unterstützen. Man kann versuchen langsam einen Übergang zu schaffen, was aber vom Mäzen unterstützt werden muß.
    Kassel hingegen hat genau den Weg versucht, den man in der DEL und auch 2. Bundesliga nicht haben will: Der Versuch via Insolvenz (da ist völlig egal ob es eine Planinsolvenz ist) sich zu sanieren. Kassel legte alle Karten auf ein gerichtsurteil pro DEL und hat nicht mal versucht notfalls eben weiter 2. Bundesliga zu spielen. Aber das hat in der Tat die Fans und einige Gönner nicht abgehalten und eher zusammengeschweißt.

    “Niemand hat etwas gegen ein modernes Stadion, solange der Umbau nicht Fankultur und Tradition zerstört. Als positives Beispiel sei Schwenningen genannt, als negatives Augsburg”

    Ich stimme dem zu wenn man die ursprünglichen Pläne nimmt. Ist es aber nicht auch ein positives Zeichen von Fankultur, wenn unpopuläre Entscheidungen dann doch auch mal revidiert werden? Für mich ist Augsburg auch mit einer im Endzustand geschlossenen Halle immer noch eine recht traditionelle Halle sein. Tradition alleine sollte aber auch nicht Sinn und Zweck eines Proficlubs sein. Es ist eine wichtige Basis, bei der nicht jegliche Abweichung einer Tradition sofort alles zerstört.

    “Viele Stadien in der zweiten Bundesliga haben dringend Modernisierungen nötig.”

    Das sehe ich völlig anders. Die Situation ist sogar relativ gut:

    Bremerhaven – Neubau
    Hannover – Altbau, jedoch eher sogar positiven Einfluß auf Besucher
    Weißwasser – mittelfristig Neubau
    Dresden – Neubau
    Crimmitschau – Teil-Sanierung wichtiger Einrichtungen (z.B. Kabine)
    Rosenheim – Altbau, allerdings noch in recht gutem Zustand
    Landshut – Altbau, allerdings noch in recht gutem Zustand
    Kaufbeuren – Altbau, allerdings noch in recht gutem Zustand
    Ravensburg – Neubau
    Schwenningen – Komplettsanierung
    Heilbronn – Neubau
    Bietigheim – Neubau beschlossen
    Riesersee – teilweise saniert

    Das ist eine relativ gute Situation. Nicht annäherend DEL-fähig ist in meinen Augen Crimmtischau, die ja nur eine Handvoll Sitzplätze haben. Bei Ravensburg und Heilbronn ist es die Kapazität, die gerade bei Ravensburg von Anfang ein zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber anderer DEL-Clubs führt. Mit Ausnahme von Wolfsburg hätte man deutlich geringere Zuschauereinnahmen, auch in Hinblick mit den geringeren VIP- und Sitzplaztkapazitäten, die heutzutage enorm wichtig für die Finanzierung des Spielbetriebs sind.
    Und strukturelle Wettbewerbsnachteile sind es, die meist zu finanziellen Schieflagen führen. Der Club hat einen deutlich niedrigeren Etat, ist sportlich damit geschwächt und könnte sportlich so abgeschlagen dann in einer späteren Saisonphase sein, dass die Leute ausbleiben. Man muß den Etat dann nochmals senken oder andere Anstrengungen leisten um das Defizit auszugleichen.

    Daher sollten Standards möglichst zu einem solchen Niveau führen, dass Clubs nur bei wirklich aussergewöhnlichen Situationen gravierende Probleme kriegen und nicht schon, wenn man 500 Zuschauer weniger kommen als geplant. Wie dargestellt erschwert das aber bereits eine Kapazitätsgrenze der Halle, wenn man von Anfang an geringere Einnahmen als Konkurrenten hat. Eine Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten kann nicht die Lösung für die o.g. Problematik sein. Denn damit lässt man zu, dass sich Clubs nicht zwingend weiterentwickeln. Langfristig wird ein Club, der sich nicht weiterentwickelt, nicht in der DEL und auch nicht in der 2. Bundesliga bestehen.
    Wenn, dann sollten lokale Bedingungen allenfalls befristet berücksichtigt werden und zu einem bestimmten Zeitpunkt kompensiert werden. Eine Idee wäre z.B. auch, dass Clubs mit kleiner Halle besonders stark in Nachwuchsarbeit investieren müssen um damit selbst gute Spieler zu entwickeln. Der 9000-Punkte-Plan geht da in die richtige Richtung, weil er eben ja auch nicht vorschreibt, dass die Halle x Sitzplätze haben muß. Man könnte den Plan so um weitere Punkte erweitern (x Punkte für Nachwuchsmannschaften, die in der höchsten Nachwuchsliga spielen).

    ” Ich finde diesen geführten kritischen Dialog um einiges konstruktiver, als das was Funktionäre in mehreren Verhandlungsrunden diesen Sommer bewerkstelligt haben.”

    Ja, in diesem Fall trifft das zu. Allerdings fehlt mir die Konstruktivität auch auf Seiten der Fans. Solche Diskussionen findet man kaum in Fanforen, Polarisierung ist der Standard.

    “Auch wenn man mir oder Ihnen mehr oder minder zustimmt, wir haben dasselbe Ziel vor Augen und dies gilt es zu erreichen.”

    Das ist mit das wichtigste Fazit: Die Ziele sind meist eigentlich dieselben, auch bei den Funktionären. Die Wege dahin unterscheiden sich aber sehr deutlich und werden auch nicht immer als Wege zum gleichen Ziel verstanden. Es hilft daher nur weiter miteinander reden, diskutieren (!) um dann letztlich Kompromiße zu finden.

  • Björn Fricke (author) said:

    Ich sollte wohl noch einmal auf den Punkt lokale Gegebenheiten eingehen. Mitnichten geht es hier darum, die Vereine in ihrer Entwicklung einzugrenzen, es macht aber keinen Sinn einen Club zu einer Stadion-Erweiterung zu zwingen, wenn das Stadion mit geringen Umbau-Maßnahmen die Deckung eines wettbewerbsfähigen DEL-Etats ermöglicht und ein großer Umbau den Verein in arge finanzielle Bedrängnis und enormen lokal-politischen Druck bringt. Das zentrale Argument eines Stadion-Plans sollte immer die notwendigen Punkte für das Ausführen von DEL-Partien als Agenda haben und nicht mehr. Zuschauerkapazität sollte immer an die lokal zu erwartende Auslastung geknüpft sein. In dieser Hinsicht fehlt es dem 9000-Punkte-Plan an Flexibilität.
    Viele Vereine stemmen ihren Etat hauptsächlich über Sponsoren und andere Einkünfte. Der Anteil an Zuschauer-Einnahmen sinkt, ähnlich wie bei Profi-Fußball-Clubs. Dieser Trend wird sich in meinen Augen auch fortsetzen, da man so leichter wirtschaften kann. Somit sollte das Stadion eigentlich nicht mehr der entscheidende Faktor sein. Viel mehr sollte das Gesamtpaket des Standortes DEL-tauglich sein, sprich Sponsoren-Umfeld, generelle Kapitalschöpfung und sportliche Wettbewerbsfähigkeit.

    Was die Ausländerproblematik angeht, so muss man sehen, dass eine striktere Reduktion der Kontingent-Stellen auch gleichbedeutend mit einem Abfall der Qualität der Liga ist. Reduziert man auf 5-6 Ausländer, spielen davon die Deutschen im Kader immer noch nicht automatisch Special Teams und sind in den entscheidenden Situationen auf dem Eis. Dies ist zumeist auch nicht in der zweiten Liga der Fall. Der Ruf nach Reduktion zur Stärkung der Nationalmannschaft ist somit einfach als nicht legitim anzusehen. Der Grund warum am Ende doch die Kontingent-Plätze beschränkt sein sollten liegt aber im Interesse des gesamten Sportes. Es gibt nicht genug Plätze für deutsche Talente in den beiden Top-Ligen und durch das Fehlen eines Kooperationsvertrages und somit Wegfallen der Förderlizenzen wird dies in den nächsten Jahren drastische Konsequenzen haben, was die Tiefe und Qualität der nationalen Kader angeht. Gerade die U20 wird extrem unter den momentanen Bedingungen leiden.
    Man stelle sich vor die Zweitligisten würden auch noch den Pokal, der ja für die U20 veranstaltet wird boykottieren….

    Das Problem der Fan-Diskussionen ist schlussendlich das auch die Foren-Landschaften völlig polarisiert sind. Es gibt kein zentrales Organ in dem man Fans aus jeder Liga in etwa gleicher Anzahl findet. Dies führt dazu das eine Diskussion meist recht einseitig stattfindet. Der berühmte “Blick über den Teller-Rand” kommt dabei zu kurz.
    In die Vereins-Foren lohnt sich der Blick meist auch nicht, aus denselben Gründen.

    Viel mehr sehe ich das Hauptproblem aber im mangelnden Engagement der Mehrheit. Viele haben resigniert und schlucken jede Verschlimmerung der Zustände nur noch stoisch, da sie denken es bringt nichts dagegen anzugehen. Diese Haltung ist natürlich fatal und sabotiert automatisch das Engagement der wenigen immer noch Willigen.
    Ich sehe bei uns hier in Hannover durchaus Ansätze auf Bundesebene etwas zu bewegen, aber den Ansätzen, wie z.B. der gegründeten EEHF-Gruppe fehlt der Zulauf der Mehrheit. Vor allem sollten solche Ansätze sich eigentlich an jedem großen Standort entwickeln.

    Das momentan nur die Fan-Beauftragten im Dialog stehen und zumindest den Schulterschluss wagen ist bezeichnend für die deutsche Eishockey-Fanszene. Dies muss baldigst ausgeweitet werden. Es müssen dringend Vorurteile abgebaut werden und Vertrauen zueinander aufgebaut werden. Schlussendlich geht es um den gemeinsamen Sport.

    Die große Frage ist am Ende auch, was wollen die DEL-Fans? Sind DEL und Bundesliga-Fans zu einer gemeinsamen Agenda fähig?

    Klar ist das man nur gemeinsam wird Druck ausüben können und überhaupt Einfluss nehmen.
    Alleinige Aktionen wie “Spieltag58″ sind auch in der DEL verpufft, von der EEHF-Banner-Aktion haben viele nicht einmal etwas mitbekommen.

    Hier muss man ansetzen um zumindest einen gemeinsamen Hebel zu bilden.
    Auch in den Fan-Kurven findet man momentan die auseinanderklaffende Schere wieder. Die verschmähten Fußballfans sind zumindest für ihre Ideale vom deutschen Fußball auf die Straße gegangen.
    Wenn alle deutschen Eishockey-Fans einmal gemeinsam vor die Zentralen von ESBG, DEL und DEB ziehen würden mit der klaren Agenda “Wir sind das deutsche Eishockey. Gemeinsam für unseren Sport.” könnte man sich als Fan wenigstens wieder im Spiegel ansehen.

    Ich hoffe einfach, dass dies viele Fans ähnlich sehen und den Mund in welcher Hinsicht auch immer aufbekommen und sich engagieren.

  • Jochen said:

    “Der Anteil an Zuschauer-Einnahmen sinkt, ähnlich wie bei Profi-Fußball-Clubs.”

    Das sehe ich völlig anders. Beim Fußball steigen die Spieltagseinnahmen weiterhin bzw. sind in den letzten Jahren gewachsen. Das ist logisch, wenn zum einen Eintrittspreise steigen und Zuschauerzahlen steigen.
    Der Anteil der Spieltagseinnahmen beim Fußball sinkt aber nur deswegen, weil die TV-Gelder deutlich stärker steigen. Die Entwicklung der Stadioninfrastruktur im deutschen Profifußball ist maßgeblich davon geprägt, höhere Spieltagseinnahmen zu erzielen und für Sponsoren erweiterte Leistungen anzubieten.

    Bei den “Hallen”-Ligen nimm der TV-Gelder-Block einen deutlich geringeren Anteil ein. Wichtig sind daher Sponsoring- und Spieltagseinnahmen.
    Mal angenommen ein Durchscnittszuschauer bringt 100 EUR/Saison Umsatz ein, dann sind das bei 500 Zuschauern nun mal bereits 50000 EUR. Die 100 EUR halte ich aufgrund der traditionell teureren Dauerkarten (gegenüber dem Fußball) und Mehranzahl an Pausen (=Fans besuchen öfter einen Verpflegungsstand) für keinesfalls untertrieben, eher konservativ angesetzt.
    Sicherlich ist der Nettoeffekt geringer als bei Sponsorenleistungen, aber Sponsoren alleine können auch nicht den Spielbetrieb tragen, auch weil Sponsoren durchaus auch ihr Engagement auf die direkten Zuschauerzahlen beziehen. Wenn die VIP-Loge ausgebucht ist, dann sinkt wohl deutlich die Bereitschaft das Engagement einfach mal so zu erhöhen.

    Daher nochmal: Ravensburg ist aufgrund der Auslastung von beinahe 100% deutlich im Hintertreffen. Wenn nicht wie bei Wolfsburg ein Konzern Geld reinbuttert (was auch nicht unbedingt nachhaltig ist, aber das ist eine andere Debatte), dann sind die Möglichkeiten einen wettbewerbsfähigen Etat zu erzielen wesentlich schwieriger, also steigt auch damit das Risiko einer Insolvenz.
    Die Halle ist der Faktor, bei dem man die meisten Hebel bedienen kann, um mehr Geld zu erwirtschaften. Und Geld ist nun mal das maßgebliche Instrument Profisport zu betreiben.

    Die Situation in Bietigheim ist für mich da im Grunde einer der Beispiele, dass DEL-Standards ja keineswegs nur irgend einer Regel dienen. Der Club argumentiert ja auch, dass sie die Halle nicht wegen der DEL bauen, sondern um den Standort langfristig zu erhalten. Dass man das Projekt keineswegs unter enormen lokalpolitischem Druck durchführt, sondern bereits seit Jahren über die Zukunft der Eishalle diskutiert, zeigt eine etwas bessere Ausgangsposition für den Ausbau/Modernisierung/Neubau von größeren Eishallen. Denn bei Stadien gibt es durchaus die Alternative auf einen Ausbau zu verzichten und dann eben keinen höherklassigen SPielbetrieb zu ermöglichen. Eishallen kann man aber dauerhaft nicht von Modernisierungen ausschließen. Eishallen muß man bei unterlassenen Modernisierungen irgendwann schließen und das ist ein weitaus schwierigeres Thema in Kommunen als ein Stadion dann verrotten zu lassen. Diese Situation hat meiner Meinung nach durchaus einen Boom gebracht, einige “kleinere” Eishallen zu bauen. Es war doch in den 90er beinahe utopisch, dass z.B. Schwenningens Halle modernisiert wird.
    Bei Neubauten kann man heutzutage daher viel durch gemeinsame Nutzung (nicht nur Sport, auch Nebengebäude oder wie in Bietigheim mit dem geplanten Schwimmbad) einsparen.

  • Jochen said:

    Kleiner Nachtrag zum Anteil der Spieltagseinnahmen am Gesamtetat:

    http://www.kicker.de/news/eishockey/startseite/557913/artikel_steht-duesseldorf-vor-der-letzten-del-saison.html

    Anhand dieser Zahlen (bei der DEG 2006 2,7 Mio EUR bei sicherlich geringerem Etat) sollte klar werden, dass diese Einnahmen nicht zu unterschätzen sind. Auf einem gewissen Niveau sind diese Einnahmen noch durch Sponsoring auffangbar, irgendwann wird die Lücke aber zu große.

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