Deal with the Devil

22 Juli 2010 Text: Björn Fricke
Foto: azrainman / flickr.com

Seine Seele dem Teufel zu verkaufen ist keine angenehme Vorstellung, dachte man zumindest bisher.

Franchise zum Siegen gesucht!

Ilya Kovalchuk, russischer Starspieler, ist unter Druck. Selbst immer wieder so erfolglos nach dem Cup greifende Profis wie Marian Hossa sind inzwischen glückseelig mit Lord Stanley in ihren Schampusträumen angekommen. Kovalchuk hingegen steht nach wie vor mit leeren Händen da. Als Free Agent geht es dem guten Mann wohl nun nicht mehr nur ums Geld, sondern möglichst darum, die eigenen Chancen auf den Cup-Gewinn zu verbessern. Endlich das Image vom ewigen Verlierer loszuwerden. Selbst in der Sbornaja gab es zuletzt nur Enttäuschungen, in Vancouver abgestürzt auf den sechsten Platz, blieb auch bei der WM in Deutschland, nach überragenden Turnierleistungen, am Ende nur die Silbermedallie. Kovalchuk will endlich ganz oben stehen und dies möglichst dort, wo es am meisten zählt, in der National Hockey League.

102 Millionen Dollar boten die Teufel aus New Jersey ihrem Top-Scorer für seine Seele. Dafür verpflichtet sich Kovalchuk bis zu seinem 44. Lebensjahr die Schlittschuhe für die Devils zu schnüren.

Viel Verantwortung, wenig Ruhm!

Lange verschwendete er seine Talente ohne Fortune als Franchise-Player in Atlanta, wo die Playoffs höchstens auf dem Jumbotron über der Eisfläche stattfanden. Immer wieder war der Kader nicht konkurrenzfähig mit den anderen Top-Teams der Eastern Conference und Kovalchuk fristete oft ein Dasein als Alleinunterhalter, Torjäger und Playmaker in Personalunion.

So zog es ihn am Ende weg von den biedernen Thrashers hin zu den traditionell in den Playoffs erfolgreichen Devils. Dort verlief die letzte Saison vielversprechend und doch am Ende enttäuschend, man scheiterte am späteren Final-Teilnehmer Philadelphia Flyers.

Verstärkungen müssen her um wieder einen tiefen Playoff-Lauf in New Jersey zu realisieren. So schmiedete Schlitzohr Lou Lamoriello, seines Zeichen der Advokat der Teufel in Form ihres General Managers seinen infernalen Plan, Kovalchuk ein Angebot zu unterbreiten, dass dieser nicht ablehnen konnte. Einen Rentenvertrag mit astronomischer Vergütung, der Kovalchuk bis zum Ende seiner Karriere an die Devils bindet.

Warum dieser Rentenvertrag und was sagt die Liga dazu?

Der Clou an diesem Rentenvertrag, wie er in letzter Zeit häufiger in der NHL vergeben wurde, ist die Staffelung der Bezahlung. Kovalchuk erhält im Schnitt einen Jahresverdienst von sechs Millionen Dollar, jedoch den Großteil der Gesamtsumme des Vertrages in den ersten Jahren. In den finalen Saisons seines Vertrags liegt sein Salär nur noch knapp über dem NHL-Mindestlohn mit 500.000 Dollar.

Diesem Gekungel um maximalen Raum im Salary Cap und der gleichzeitig lebenslangen Bindung eines Top-Spielers schiebt die Liga nun einen Riegel vor. Zum einen ist man sich in der Zentrale in Toronto sicher, dass ein Top-Stürmer nicht bis zu seinem 44. Lebensjahr auf NHL-Niveau spielen kann und der Vertrag somit unerfüllbar ist. Zum Anderen verzerrt es den Wettbewerb in der Liga. Auch andere Teams hatten sich um die Dienste des Russen bemüht, konnten jedoch das Angebot der Devils entweder sportlich oder finanziell nicht toppen und den Devils gelang es so, trotz weniger Spielraum im Salary-Cap, sich die Dienste des Ausnahme-Stürmers zu sichern.

Warum kann dieser Vertragsstreit so erhebliche Konsequenzen haben?

Bis Ende der Woche hat noch die, sich momentan im Chaos befindliche Spielergewerkschaft NHLPA (National Hockey League Players’ Association) Gelegenheit Einspruch zu erheben in Bezug auf  den aktuellen Rahmentarifvertrag. Dies würde den Weg ebnen für einen Musterprozess, der die Zukunft der NHL massiv beeinflussen kann. Die NHLPA ist derzeit führungslos und befindet sich im Konflikt mit der Liga und deren unbeliebten Comissioner Gary Bettman bezüglich eines neuen Rahmentarifvertrages für die Spieler. Dieser Rechtsstreit um den Vertrag von Kovalchuk könnte dazu führen, dass die Verhandlungen bezüglich des Rahmentarifvertrages erneut ins Stocken geraten und das Horrorszenario eines erneuten Lockouts wäre der allgegenwärtige Elefant im Raum bei dem eh schon verbissen geführten Tauziehen um Gelder und Einfluss. Bisher hatte die Liga Rentenverträge für Spieler geduldet, Beispiele hierfür sind Chris Pronger, Marian Hossa oder auch die beiden Torwärte Di Pietro und Olympia-Star Roberto Luongo, die von ihren jeweiligen Vereinen langjährige Verträge bekamen und bis zu ihren jeweiligen Karriereenden nicht mehr in den Free-Agent-Status gelangen.

Ilya Kovalchuk ist sich dennoch sicher bis Vertragsende für die Devils aufzulaufen, was soll er auch anderes sagen. Es geht um Geld, viel Geld, viel wichtiger jedoch, es geht um die sportliche Chance auf den Cup, der Traum eines jeden NHL-Akteurs.



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4 Kommentare »

  • sebastian said:

    Ich persönlich kann nicht verstehen, warum er nicht einen 4-Jahresvertrag für maximale Kohle nimmt und dann unter dem neuen CBA, mit 31 noch in gutem Alter, den Rentenvertrag unterschreibt…

  • Björn Fricke said:

    Dann wäre eben das Salary-Cap bei den Devils überschritten gewesen und sie hätten entweder das Angebot reduzieren müssen, was andere Clubs und deren Offers auf den Plan ruft, oder sich sportlich verschlechtern, indem sie durch einen Trade weiteren Raum schaffen. Genau um die Umschiffung dieser Zwickmühle geht es ja bei dem Vertrag und genau dem hat die Liga nun einen Riegel vorgeschoben.

  • Björn Fricke said:

    Um das ein wenig zu hinterfüttern, hier die momentane Salary-Cap-Situation bei den Devils: http://www.nhlnumbers.com/overview.php?team=NJD&season=1011

    Wie man sieht bleiben lediglich 3.2 Millionen Dollar, was deutlich unter dem Jahreswert eines Max-Vertrages liegt. Durch den Rentenvertrag hätte der Jahres-Schnitt von Kovalchuk knapp über 3 Millionen Dollar gelegen und somit den Cap-Wert nicht überschritten.

  • sebastian said:

    Ist mir schon klar. Ich mein auch nicht bei den Devils ;-)

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