Wer zum Henker…?
Laut Regelwerk der IIHF müssen die teilnehmenden Nationen ihren endgültigen Teamkader erst zum offiziellen Beginn der WM angeben.
Aber da wir im Eishockey sind, heißt das noch lange nicht, dass dann Schluss mit der Austauscherei von Spielern ist. Nach der Vorrunde haben die Trainer der Mannschaften erneut die Möglichkeit einige Spieler auszuwechseln und neue Akteure für die Kader zu benennen. Eigentlich ein Unding, aber leider nicht zu verhindern. Während der jährlich stattfindenden WM laufen, je nach Datum, teilweise noch die Play-Offs und so müssten viele Länder auf ihre besten Akteure verzichten – könnten diese eben nicht nachnominiert werden. Wir von STARTING6 haben uns trotzdem einmal die Mühe gemacht und versucht herauszufinden, wer denn die prägenden Spieler der verschiedenen Nationen sein könnten.
Gleich vorab sei gesagt: die Deutschen fehlen – mit voller Absicht. Den Kader der deutschen Mannschaft haben wir bereits in unserer vierteiligen Serie porträtiert – auch wenn da einige Spieler dabei waren, die inzwischen schon wieder aussortiert wurden – Greilinger zum Beispiel. Die Portraits der deutschen Mannschaft findet ihr hier: Teil 1 - Teil 2 – Teil 3 - Teil 4
Dänemark
Kasper Degn (Bietigheim Steelers, 2. Bundesliga)
Eigentlich wollten wir hier ja die großen Stars der Teams vorstellen, aber man kann ja mal eine kleine Ausnahme machen. Man spricht meist nur von den NHL-Spielern der Teams und vergisst, dass auch die anderen Stars in ihrem Land sein können.
Kasper Degn ist so einer. Denn mit nur 28 Jahren kann er bereits auf 13(!) Weltmeisterschaften zurückblicken. Das heißt nun nicht, dass er seine erste Nominierung im zarten Alter von 15 Jahren erhielt, sondern, dass er mit so viel Talent und Ausdauer gesegnet ist, dass auch zwei Weltmeisterschaften in einem Jahr kein Problem sind. 1998 und 1999, also mit 16/17 Jahren spielte er nicht nur bei der U18 WM, sondern zusätzlich bei der U20 WM. Als er für die U18 WM zu alt wurde, spielte er neben der U20 WM eben noch bei den Senioren mit, alles kein Problem. 2001 wurde er in Dänemark zum Rookie des Jahres gewählt, 2004 war er Topscorer der dänischen Liga und 2006 wurde er gar zum “Spieler des Jahres” in Dänemark gewählt.
Und auch in Deutschland ist Kasper Degn kein Unbekannter: Bei der Weltmeisterschaft 2005 in Österreich besiegelte er mit seinem Treffer zum 3:2 gegen Deutschland den Abstieg unserer Nationalmannschaft. Und seit 2008 schnürt der sympathische Stürmer die Schlittschuhe für die Bietigheim Steelers in der 2.Bundesliga, mit denen er 2009 die Meisterschaft holte. Ärgerlich für den Dänen: die Feierlichkeiten der Meisterschaft fielen auf den WM-Auftakt. Am 25. April feierte er in München den Meistertitel, am 26.April stand das Spiel der Dänen gegen die Tschechen an. Noch in der Nacht ging die Reise in die Schweiz und Degn war natürlich beim ersten Spiel seiner Dänen mit auf dem Eis. Statt Jocher nun eben gegen Jagr.
Finnland
Petteri Nummelin (HC Lugano, NLA)
Selten findet man Spieler, bei denen man in Eurohockey.net das scrollen bei den Statistiken anfangen muss – Nummelin ist einer von denen. Die sage und schreibe fünfzehnte WM steht für den Verteidiger vor der Tür – nicht, dass das genug wäre, bei Olympia war er auch schon. Der Lothar Matthäus unter den Finnen könnte man sagen – die Frage ist nur: “Ist das fair dem Petteri gegenüber?”. SM-Liiga, Continental Cup, Elitserien, Nationalliga-A und die NHL – der Mann ist rumgekommen und ist trotz allem alles andere als ein Wandervogel. Drei Jahre am Stück in Turku, drei Jahre in Davos und ganze sieben Jahre beim HC Lugano in der Schweiz, um nur mal ein paar Beispiele zu nennen – allein das suggeriert Konstanz. Genau diese braucht man um mit fast 38 Jahren immer noch ganz oben mitzuspielen. Vielleicht ist es die letzte WM an der er teilnimmt – wer weiß wann und vor allem ob man diesen Sportsmann überhaupt noch einmal spielen sieht.
Frankreich
Kevin Hecquefeuille (Kölner Haie, DEL)
Nachdem in der vergangenen Saison mit Go Tanaka (ESV Kaufbeuren) bereits ein Eishockeyexot den Weg nach Deutschland fand, kam mit dem Franzosen ein weiterer dazu. Bei der WM im vergangenen Jahr zeigt der in Amiens geborene Stürmer sehr gute Leistungen, nicht nur beim Spiel gegen Deutschland, und empfahl sich so für ein Engagement in der DEL. Die Kölner Haie nahmen ihn unter Vertrag und statteten ihn mit einem Einjahresvertrag aus. Aus der zweiten Schwedischen Liga kommend tat sich Hecquefeuille, bei dem allein schon das Schreiben des Namens eine Tortur ist, in der DEL etwas schwer. Er bekam regelmäßig Eiszeit, kam aber über 5 Tore und 16 Punkte nicht hinaus – interessant wird sein, wo der Eishockeyexot sein nächstes Zelt aufschlägt. In der Nationalmannschaft ist Kevin aber eine feste Größe – bereits neun Junioren- und Seniorenweltmeisterschaften stehen für ihn zu Buche, zusätzlich nahm er noch zweimal an der Olympiaqualifikation teil. Mit den Schweden, den Tschechen und dem Team aus Norwegen warten zunächst schon harte Brocken in der Vorrunde – trotz Hecquefeuille wäre es ein wahres Wunder, sollten die Franzosen die Vorrunde überstehen bzw. nicht absteigen.
Italien
Thomas Tragust (ESV Kaufbeuren, 2. Bundesliga)
Kann der italienische Schlussmann seine großartigen Leistungen von der vergangenen WM erneut abrufen? Der talentierte Tragust, geboren in Schlanders im schönen Südtirol, kann trotz seiner erst 24 Jahre bereits auf einiges an Erfahrung zurückgreifen. Über die Station Meran (Serie A + B), Texas Tornado (NAHL) und den HC Fassa (Serie A) kam “Tschomby, wie er von seinen Fans genannt wird, nach Kaufbeuren in die 2. Bundesliga. Tragust kann bereits auf drei Senioren-WM`s sowie eine Olympia Qualifikation zurückblicken – einer der Höhepunkte war sicherlich die Division 1 WM im vergangenen Jahr. Der Italiener wurde zum besten Torhüter des Turniers gewählt – das Ganze mit einer sagenhaften Fangquote von 98,2%. Bei der kommenden WM warten allerdings andere Kaliber – bereits in der Vorrunde geht es gegen die Schweizer, den Olympiasieger aus Kanada und die Letten. Sicher ist auch noch keineswegs, ob Tragust wieder als erste Wahl zwischen den Pfosten stehen wird. Mit Daniel Bellissimo wurde dem jungen Goalie ein eingebürgerter Kanadier vor die Nase gesetzt, der ebenfalls Anspruch auf die #1 erhebt. Sollte Tragust spielen und wieder die Form von der letzten WM abrufen können, dann wird der ein oder andere Scout sicher etwas genauer hinschauen.
Lettland
Herberts Vasiljevs (Krefeld Pinguins, DEL)
Über Vasilijevs braucht man sicher nicht viele Worte verlieren. Der Mann ist die menschlich gewordene Konstanz und gehört seit Jahren zu den absoluten Leistungsträgern der Krefelder Pinguine. Vier Jahre am Stück mit über 20 Toren pro Saison, Torschützenkönig in der DEL und +/- Wertungen die fernab jeglichen Negativen liegen. Sieben Weltmeisterschaften und einmal bei den Olympischen Spielen dabei, das prägt. Nachdem am kommenden Freitag in der Arena auf Schalke bereits nach einem Rekord gejagt wird, hat der Lette bereits einen in der Tasche. Am 15.12.2006 stellte er einen neuen DEL-Rekord auf – Vier Tore und vier Vorlagen in einem Spiel – das gelang vor ihm noch keinem und bis jetzt wurde dieser Rekord auch nicht mehr geknackt. Man könnte fast sagen der Vasililjevs weiß wo das Tor steht – wer weiß wie oft bei dieser WM?
Norwegen
Ole-Kristian Tollefsen (Philadelphia Flyers, NHL)
Über Tore zu schreiben ist im Eishockey immer gut, fallen doch recht häufig welche – wir sind ja schließlich nicht beim Rasenschach, bei dem 70% der Zeit gar nix passiert. Auch wenn es gerade um Hockey geht, über Tore können wir jetzt trotzdem nicht schreiben – der Vikingstadt ist nämlich gar nicht dabei. Der frisch gebackene Deutsche Meister ist überraschenderweise nicht im Kader. Er hat sich selber gegen einen Einsatz bei der WM entschieden – warum, wissen wir leider nicht. Kollege Lone war daher dafür, über den Tommy Jakobsen zu schreiben – “Der is doch so klein und putzig, den nehmen wir”. Wir haben uns dann für Herrn Tollefsen entschieden – der ist größer und männlicher – einfach “Eishockeyspieliger”. Leider steigt der Ole erst zur Zwischenrunde ein, sofern die Norweger diese erreichen, das ignorieren wir aber standhaft.
Seine Karriere begann der Norweger in der Heimatstadt, welche gleichzeitig Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1994 war, nämlich bei Lillehammer IK. 2002 wurde er in der dritten Runde von den Columbus Blue Jackets gedraftet – vorerst führte ihn sein Weg aber erst mal zu den Brandon Wheat Kings in die Western Hockey League. Während des Lockouts, bei dem viele Spieler nach Europa kamen, dachte sich Tollefsen vermutlich: “Was soll ich denn da? Da kenn ich doch schon alles”. Er blieb also in Nordamerika und spielte für die Syracuse Crunch in der American Hockey League. Sieben Weltmeisterschaften im Nachwuchs- und Seniorenbereit hat Ole -Kristian bereits hinter sich und es werden sicher noch einige folgen – ist er doch im März erst 26 Jahre alt geworden.
Russland
Alexander Ovechkin (Washington Capitals, NHL)
Mr. Ovi-schön Ovechkin alias Alexander der Große – ach, wir könnten hier in der Redaktion noch stundenlang Superlative für den russischen Eishockeykollegen aus Moskau erfinden. Wenigstens er lässt sich bei der Weltmeisterschaft in Deutschland blicken – Lieblingsspielkamerad Crosby hat sich ja bekanntlich dafür entschieden weiter um den Stanley-Cup zu spielen und muss daher passen. Schade, sorgte dieses Duell doch schon bei den Olympischen Spielen für Furore im Vorfeld – gut, passiert ist zwischen den beiden nix, aber man weiß ja nie, vielleicht hätte es dieses Mal ja hingehauen. Passiert ist bei Olympia aber dann doch was, das mit Ovechkin zu tun hatte – er hat den Tschechischen Super Jaromir Jagr mit einem wundervollen Open Ice Hit gezeigt, dass dieser keine Fahrkarte für den Bus hatte. Sportlich wie Jagr ist, sagte er später im Interview: “Ich hatte den Kopf nicht oben und hab ihn nicht kommen gesehen aber das ist Eishockey”. “Heilig’s Blechle”, genau sowas wollen wir sehen. Schade das die beiden nicht schon in der Vorrunde aufeinander treffen – vielleicht hätte sich Jagr ja revanchiert. Wir freuen uns auf Ovechkin und können sicher im Namen von ganz Eishockeydeutschland sagen: Schön, dass du hergekommen bist Ovi.
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