Hannover? Ingolstadt? Augsburg? Wolfsburg? Nein, die Pre-Play-Offs sind schon lange vorbei, momentan geht es darum wer ins Finale um die Deutsche Meisterschaft einziehen wird. Keines der Teams hatte bisher die Gelegenheit die Trophäe in die Höhe zu stemmen – für einen Verein wir sich das diese Saison definitiv ändern – die Teilnehmer im Meistercheck bei STARTING6.

Zunächst ein paar Eckdaten über das diesjährige Halbfinale:

• Zu einem weiteren Zuschauerrekord wird es wohl nicht kommen. Die Zuschauer, die alle Halbfinal-Teilnehmer in der Hauptrunde gemeinsam im Schnitt begrüßen durften (14.519), würden fast auf einmal in die O2-World in Berlin (14.200) passen. Die Kapazitäten reichen trotzdem aus um 27.856 Zuschauern gleichzeitig Eishockey zu zeigen.
• Wolfsburg, Hannover und Ingolstadt. Drei Teams die auf sportlichem Wege nach der Gründung der DEL aufgestiegen sind, stehen im Halbfinale.
• Mit den Hannover Scorpions steht nur eine einzige Multifunktionsarena im Halbfinale.
• Toni Krinner, aktuell Trainer in Wolfsburg, wird nächste Saison Trainer in Hannover. Er war auch schon Spieler in Augsburg. Damit steht er immerhin mit dreien der vier Halbfinalisten in direkter Verbindung.

Grizzly Adams Wolfsburg

Spätestens seit der Fußball-Saison 2008/2009 weiß ganz Deutschland: Wolfsburg hat keinen Rathaus-Balkon. Das hinderte aber schon die Fußballer nicht am Titelgewinn, vermutlich wird das auch die Eishockeyprofis der Grizzly Adams nicht interessieren. Dennoch ein Makel für den Meistercheck.

Das Gesetz der Serie spricht für Wolfsburg. Verbrachten sie in den letzten 10 Jahren doch nie mehr als drei Jahre in einer Liga ehe sie den Meistertitel in selbiger errungen. Doch bisher sind dies nur ein Titel in der Oberliga und zwei Zeitligameisterschaften. Für den Pokalsieg 2009 ließen sie sich immerhin 7 Jahre Zeit. Ein schlechtes Omen? Wohl kaum. Wolfsburg hat in der Saison gezeigt, dass sie jeden schlagen können. In 56 Spielen setzte es für den EHC keine einzige wirkliche Klatsche – die anderen Halbfinal-Teilnehmer dagegen wurden teilweise deutlich geschlagen: 7:2 gegen Augsburg, 8:3 gegen Ingolstadt, 5:1 gegen Hannover. Die Mischung in Wolfsburg stimmt: Starke Ausländer mit guten deutschen Spielern, quasi das “Berliner Modell”, führte in Wolfsburg zum Erfolg. Das Vertrauen das die Wolfsburger Verantwortlichen vor der Saison in die beiden jungen deutschen Torhüter, Reimer und Dshunusow, setzen, zahlt sich bisher aus: Die beste Abwehr der Liga mit den wenigsten Gegentoren. 

Hannover Scorpions

Das Hannoveraner Rathaus ist sicherlich eines der schönsten der Bundesrepublik. Ein riesiger Balkon ist natürlich über den drei Haupteingängen vorhanden. Und das sogar mit schönem Ausblick auf einen See. In Wedemark sieht es ähnlich aus. Doch nicht nur einen Balkon, nein gleich 12 Stück befinden sich am Rathaus in Mellendorf. Einem rauschenden Fest stünde dort somit nichts im Weg. Auch wenn das Rathaus optisch nunja,…

Eigentlich ist es nicht fair im Falle der Scorpions von einem Sensationshalbfinalteilnehmer zu sprechen, immerhin waren sie auch letzte Saison bereits im Halbfinale. Scheiterten dort aber am späteren Vize-Meister, den DEG Metro Stars, trotz einer zwischenzeitlichen 2:1 Führung in der Serie. Dazu erreichen die Scorpions in ihrer 14jährigen DEL Geschichte nun schon zum vierten Mal das Halbfinale. Mit dem Finale hat es aber bisher noch nicht geklappt. Das soll sich aber diese Saison ändern. Topscorer Tore Vikinkstad sorgte nicht nur bei Olympia für etwas Aufsehen, er zeigt auch in der Liga regelmäßig warum er zu den besten seines Fachs gehört. Im Tor vertraute man zu Saisonbeginn noch Levente Szuper und Youri Ziffzer, verpflichtete dann aber mit Travis Scott spektakulär nach. Jugendstil wird in Hannover nicht groß geschrieben, die fünf besten Scorer des Teams sind 30 Jahre oder älter. Mit David Wolf, Sachar Blank und Nikolai Goc gehören nur drei deutsche Spieler unter 25 zum Stammkader. Das kann ein Nachteil für die folgenden Spielzeiten werden, diese Saison kann es aber die Erfahrung sein, die man braucht, um Meister zu werden.

ERC Ingolstadt

Ingolstadt leistet sich vorsichtshalber ein neues und ein altes Rathaus. Den wichtigen Balkon gibt es bei beiden nicht. Immerhin bietet das alte Rathaus einen Erker mit großen Fenstern, die sicherlich groß genug sind um einen Pokal hinaus zu halten. Dazu ein schöner Platz davor. Ja, hier kann man Meisterfeiern abhalten.

Auch die Ingolstädter erreichten bereits zwei Mal das DEL-Halbfinale. Das letzte Mal allerdings im Jahr 2005 als man sich unter anderem mit Marco Sturm verstärken konnte. Seit dem war spätestens im Viertelfinale Schluss. Das ist dieses Jahr definitv anders, es soll aber noch besser werden. Mit Thomas Greilinger hat man den Spieler des Jahres in seinen Reihen und auch die Ausländer um Bob Wren wissen zu überzeugen. Im Tor wartet mit Dimitri Pätzold immerhin der deutsche Nationaltorhüter. Wenn wir sagen, dass Jugendstil in Hannover nicht groß geschrieben wird, dann findet selbiger in Ingolstadt gar nicht statt. Mit Stephan Daschner wird zwar konsequent der eigene Nachwuchs eingesetzt, die Abwehr-Kollegen des 21jährigen sind im Schnitt aber alle 10 Jahre älter als er. Im Sturm schaut es nicht viel anders aus. Youngster Dominic Walsh (20) und Norman Martens (23) sind die Ausnahme. Aber der Erfolg gibt Ingolstadt recht und ohne eine gewisse Abgezocktheit geht in den Play-Offs nichts.

Augsburger Panther

Augsburg, die einzige Stadt im Halbfinale mit echtem Rathaus-Balkon. Gut, der Balkon könnte größer sein, aber für ein paar Spieler und, viel wichtiger, einen Meisterpokal ist Platz. Dazu ein richtiger Rathausplatz davor. Da haben die Stadtplaner anno 1615 alles richtig gemacht.

Die Sensation und Überraschung hat in dieser Saison einen Namen: Augsburg. Oder auch: Deutschermeisterindenplayoffsbesieger. Vor der Saison von vielen als Abstiegskandidat, Play-Down-Teilnehmer, Tabellenletzter gehandelt, stürmen sie ins DEL-Halbfinale. Und nicht nur irgendwie. Mannheim und Berlin haben die Fuggerstädter eindrucksvoll ausgeschaltet. Zwei Siege gelangen in der Hauptstadt beim amtierenden Meister und überragenden Vorrundenersten. Dazu hat die Mannschaft von Larry Mitchell bereits beim Erreichen der Pre-Play-Offs alle Erwartungen mehr als erfüllt. Sie können nun genauso locker und befreit aufspielen wie schon gegen Mannheim und Berlin. Larry Mitchell bewies wieder sein Händchen bei Neuverpflichtungen. Praktisch alle schlugen voll ein und erfüllen die Erwartungen. Darüber hinaus gibt es keinen überragenden Star im Team – das Kollektiv ist die wahre Stärke der Augsburger. Dazu über 7000 Zuschauer in dem offenen Curt-Frenzel-Stadion. Im Zeitalter der Multifunktionsarenen ein Meister mit offener Halle, das hätte Charme.

Redaktionstipp

Der Meistercheck fällt aus Balkon-Sicht recht deutlich aus. Augsburg spielt gegen Hannover das Finale und gewinnt dort. Hannover fällt redaktionsintern schnell raus. “Die Indians werden nie Meister” philosophiert Sander. Nach Interventionen der übrigen Redaktion verbessert er sich schnell: “Die Scorpions auch nicht, sind eh auf Abschiedstournee”. Augsburg wurde von der Redaktion bereits in den Pre-Play-Offs und im Viertelfinale rausgetippt. Das klappte so gut, dass wir auch heute ein Ausscheiden der Panther prognostizieren. Bleiben noch Ingolstadt und Wolfsburg. “Wolfsburg macht’s!” poltert Ort sofort los und wird dabei sogar vom Ahnungslosen Leising unterstützt. Wer will ihnen da widersprechen? Der immer noch im Ausland verschollene Häger natürlich: “Ich hab kein Bock auf ne Grizzly Adams Edition des neuen VW Golf” motzt er. Für Ingolstadt spricht einfach weniger als für den amtierenden Pokalsieger. Deutscher Meister 2010: Grizzly Adams Wolfsburg.